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10 Fakten zu: Mathematikangst

Wie Mathematikangst entsteht und wie Ihr Betroffene unterstützen könnt

02. Dezember 2024 Lesedauer: ca. 7 min
Teilhabe
Ein Mädchen steht mit fragendem Blick zwischen Matheformeln

Wenn es in Mathe nicht gut läuft, dann kann das viele Gründe haben. Einer davon: Mathematikangst. Wer darunter leidet, kommt beim Lösen von Aufgaben wortwörtlich ins Schwitzen. Unangenehme Gefühle wie Anspannung, Angst und Nervosität stellen sich ein. Viele können sich dann oft gar nicht mehr konzentrieren und verrechnen sich erst recht. Wir haben für Euch 10 interessante Fakten aus der Wissenschaft zusammengestellt. Diese sollen Euch helfen, Matheangst besser zu verstehen und betroffenen Schüler:innen zu helfen.

1. Mathematikangst ist weiter verbreitet als viele denken!

Weltweit leidet etwa jede dritte Person an Mathematikangst. Damit ist es eine der häufigsten menschlichen Ängste.1 Diese Zahl kann bei bestimmten Personengruppen sogar noch höher liegen. So empfinden zum Beispiel bis zu 80 Prozent der Lernenden an Volkshochschulen hohe Mathematikangst, wenn sie unerwartet mit Mathematikaufgaben konfrontiert werden.

2. Matheangst lenkt ab

Im Mittelpunkt der Wahrnehmung steht bei mathematikängstlichen Personen das unangenehme Gefühl der Angst. Und dieses Gefühl lenkt die Betroffenen so stark ab, dass sie sich nicht mehr auf die Aufgaben konzentrieren können. Die Folge: schlechte Leistungen und Noten in Mathematik. Eine angstfreie Atmosphäre ohne Stress, Zeit- und Erwartungsdruck führt häufig schon zu substanziellen Verbesserungen.

3. Mädchen leiden stärker unter den Folgen

Mathematikangst hat für Mädchen stärkere Konsequenzen als für Jungen.2 So haben Studien gezeigt, dass die Leistungen von matheängstlichen Mädchen sogar noch unter denen von ebenfalls betroffenen Jungen liegen.

4. Im Anfangsunterricht: Wörter statt Ziffern und Zeichen verwenden

Die Angst entsteht oft schon beim Anblick mathematischer Zeichen. Setzt man bei der Einführung neuer Mathethemen oder -aufgaben zunächst eher auf Textbeschreibungen und Wörter (z. B. „wegnehmen“ statt einem Minuszeichen) sowie auf das Lösen von Fragen, die sich auf reale Situationen und Problemstellungen beziehen, kann das den Betroffenen helfen.3

5. Eltern können ihren Kindern mit einfachen Mitteln helfen

Das Elternhaus hat großen Einfluss auf das Verhältnis von Kindern zu Mathematik. Wenn sich Eltern zu Hause mit Mathematik beschäftigen, verringert das die Mathematikangst der Kinder.4 Schon einfache, alltägliche Dinge können helfen:

  • … vor Kindern rechnen (z. B. Preise von Waren schriftlich addieren)
  • … häufiger Zahlen nennen
  • … öfter auf mathematische Beziehungen im Alltag hinweisen (z. B. einen rechten Winkel zu benennen)
  • … positiv über Mathematik und deren Bedeutung sprechen

6. Negative Erwartungen verschlimmern die Situation

Wenn Eltern über ihre eigenen negativen Erfahrungen mit dem Mathematikunterricht berichten, müssen sie damit rechnen, dass ihre Kinder genau diese Erfahrungen wiederholen. Denn Einstellungen und Erwartungshaltungen spielen bei Matheangst eine große Rolle. Wer bereits negativ gegenüber Mathematik eingestellt ist, wird den Unterricht auch als unangenehm erleben. Darunter leidet auch das Verhältnis zu den Lehrkräften.5 Gerade Mathematikängstliche sind aber auf deren Unterstützung angewiesen.6

7. Mathematikangst kann ansteckend sein

Eltern können ihre eigene Mathematikangst an ihre Kinder weitergeben, insbesondere wenn sie ihren Kindern bei den Hausaufgaben helfen.7 Doch nicht nur die Mathematikangst der Eltern, sondern auch die der Mitschüler:innen der Lehrer:innen sowie anderer Personen im sozialen Umfeld kann sich negativ auswirken.8 Wenn also ein mathematikängstlicher Schüler neben einer weniger ängstlichen Schülerin sitzt, dann wird zwar seine eigene Mathematikangst ein wenig gemildert, die Mathematikangst der Mitschülerin nimmt aber zu.

8. Die Selbstwahrnehmung ist entscheidend

Mathematikangst hat viel mit dem eigenen Selbstkonzept zu tun. Wer von vornherein glaubt, Mathe nicht zu können und dem Fach nicht gewachsen zu sein, verhält und fühlt sich auch entsprechend. Aus Selbstzweifeln werden schlechte Leistungen. Zum Glück gibt es viele Möglichkeiten, das Selbstvertrauen und damit eine positive Selbstwahrnehmung in Mathe zu stärken.9 Ein Weg sind sogenannte Reattributionstrainings, die auch im regulären Unterricht eingesetzt werden können. Dabei lernen Kinder durch gezieltes Feedback der Lehrkräfte, Erfolge als Ergebnis des eigenen Lernverhaltens und ihrer eigenen Fähigkeiten zu erkennen (und nicht als Zufallstreffer oder Resultat leichter Aufgabenstellungen). Gleichzeitig werden sie bestärkt, Fehler nicht auf ihr Unvermögen, sondern z. B. auf suboptimales Lernen oder mangelnde Aufmerksamkeit während des Unterrichts zurückzuführen. Das Ergebnis: Der Unterricht wird als weniger bedrohlich für den eigenen Selbstwert wahrgenommen. Motivation und Leistungen können steigen.

9. Der richtige Schwierigkeitsgrad ist wichtig

Studien zeigen, dass sich durch angepasste Aufgabenschwierigkeiten Mathematikangst reduzieren und Mathematikfreude erhöhen lässt. Der Lernstoff sollte also dem Leistungsniveau der Schüler:innen entsprechen. Oft fühlen sich Lernende jedoch überfordert, etwa weil das notwendige Vorwissen fehlt.10 Helfen kann hier beispielsweise, Aufgaben mit individuell angepassten Schwierigkeitsgraden in einer Klasse zu verteilen, sodass für alle ein Erfolgserlebnis ermöglicht wird.

10. Spielerisches Lernen kann gegen Matheangst helfen

Im Rahmen von Lernspielen können gezielt Mathematikkenntnisse vermittelt werden. Lernspiele können zudem erfolgreich zur Reduktion von Mathematikangst eingesetzt werden, wobei digitale Spiele weniger geeignet sind als solche im analogen Raum. Besonders wirksam sind kooperative Spiele, bei denen nicht gegeneinander gespielt, sondern gemeinsam ein Ziel verfolgt wird.11

Weiterführende Links

Autor:innen: Prof. Albert Ziegler, Prof. Heidrun Stöger und das MesH_MINT-Team unter Mitarbeit von Patricia Szilagyi

1 Apostolidu, M., & Johnston-Wilder, S. (2023). Breaking through the fear: exploring the mathematical resilience toolkit with anxious FE students. Research in Post-Compulsory Education, 28(2), 330-347. https://doi.org/10.1080/13596748.2023.2206704

2 Yu, X., Zhou, H., Sheng, P., Ren, B., Wang, Y., Wang, H., & Zhou, X. (2024). Math anxiety is more closely associated with math performance in female students than in male students. Current Psychology, 43(2), 1381-1394. https://doi.org/10.1007/s12144-023-04349-y

3 Li, T., Chen, C., & Zhou, X. (2023). How are different math knowledge presentations associated with math anxiety? Annals of the New York Academy of Sciences, 1520(1), 153–160. https://doi.org/10.1111/nyas.1495

4 Guzmán, B., Rodríguez, C., & Ferreira, R. A. (2023). Effect of parents’ mathematics anxiety and home numeracy activities on young children’s math performance-anxiety relationship. Contemporary Educational Psychology, 72, 102140. https://doi.org/10.1016/j.cedpsych.2022.102140

5 Luo, R., Zhang, A., Wang, Y., Li, H., Xu, Y., Guo, K., & Si, J. (2024). Math attitudes and math anxiety predict students› perception of teacher support in primary school, but not vice versa. British Journal of Educational Psychology, 94, 6–21. https://doi.org/10.1111/bjep.12628

6 Ongcoy, P. J. B., Jasmin, D. R. A., Guiamal, I. P., Guinita, S. S., & Iligan, A. M. M. (2023). Experiences and mathematics anxiety of STEM students. Journal of Mathematics and Science Teacher, 3(1), em028. https://doi.org/10.29333/mathsciteacher/12870

7 Ramirez, G., Shaw, S. T., & Maloney, E. A. (2018). Math Anxiety: Past Research, Promising Interventions, and a New Interpretation Framework. Educational Psychologist, 53(3), 145–164. https://doi.org/10.1080/00461520.2018.1447384

8 Barroso, C., Ganley, C. M., McGraw, A. L., Geer, E. A., Hart, S. A., & Daucourt, M. C. (2021). A meta-analysis of the relation between math anxiety and math achievement. Psychological Bulletin, 147(2), 134–168. https://doi.org/10.1037/bul0000307

9 Klee, H. L., Buehl, M. M., & Miller, A. D. (2022). Strategies for alleviating students’ math anxiety: Control-value theory in practice. Theory Into Practice, 61(1), 49-61. https://doi.org/10.1080/00405841.2021.19 32157

10 Ramirez, G., Shaw, S. T., & Maloney, E. A. (2018). Math anxiety: Past research, promising interventions, and a new interpretation framework. Educational Psychologist, 53(3), 145–164. https://doi.org/10.1080/00461520.2018.1447384

11 Broda, M.D., Ross, E., Sorhagen, N., & Ekholm, E. (2023). Exploring control-value motivational profiles of mathematics anxiety, self-concept, and interest in adolescents. Frontiers in Psychology, 14. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2023.1140924

12 Dondio, P., Gusev, V., & Rocha, M. (2023). Do games reduce maths anxiety? A meta-analysis. Computers & Education, 194, 104650. https://doi.org/10.1016/j.compedu.2022.104650

Ansprechpartnerin

Chrischani Perera Bobusch

Chrischani Perera-Bobusch

MINT-Transfer

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