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Wie gelingt Teilhabe in der MINT-Bildung?

Dominik Adolphy vom Verein "Du-Ich-Wir" teilt Inspirationen aus der freien Jugendarbeit

19. Februar 2025 Lesedauer: ca. 5 min
Gute Praxis
Teilhabe

Im Rahmen des Fokusthemas „MINT & Teilhabe – Chancen schaffen und Zukunft gestalten“ schauen wir mit Euch über den MINT-Tellerrand und lassen uns von anderen Bildungsbereichen inspirieren.  

Dominik Adolphy vom Verein Du-Ich-Wir im Interview

Wie schaffen wir Chancengerechtigkeit für Kinder, unabhängig von Herkunft und sozialem Status? Dominik Adolphy, Geschäftsführer des Vereins Du-Ich-Wir, kennt die Antworten. Der Verein setzt sich dafür ein, Kindern und Jugendlichen den Zugang zu bestmöglicher Bildung zu ermöglichen. Mit Angeboten wie Hausaufgabenbetreuung, Sprachkursen und individuellem Unterricht zeigt er, wie Bildung auch außerhalb der Schule gelingen kann.  

Der Verein Du-Ich-Wir erreicht viele Kinder und Jugendliche, besonders auch solche mit Migrationserfahrung, die wenig Deutsch sprechen. Wie gelingt die Ansprache? 

Meistens werden die Kinder und Jugendlichen von den Schulen oder den Migrationsbeauftragten der Städte zu uns geschickt. Unsere Erfahrung zeigt, dass die Ansprache am besten funktioniert, wenn die Kinder nicht „besonders“ oder „anders“ behandelt werden. Stattdessen begegnen wir ihnen mit viel Wertschätzung und positiver Verstärkung. Wir setzen auf positive Erlebnisse, die die Kinder motivieren, gerade weil sie schon viele Frustrationserfahrungen in der Schule gemacht haben. Wir bestärken sie und geben ihnen das Gefühl: „Mach weiter, du schaffst das!“ 

Wie hat sich Du-Ich-Wir von der Gründung bis heute entwickelt? 

Es hat alles mit einer irakischen Familie angefangen, die ich kennengelernt und mit Deutschunterricht unterstützt habe. Daraufhin haben sich Freund:innen von mir ebenfalls bereit erklärt, eine andere geflüchtete Familie zu unterrichten, und daraus wurden ganz schnell immer mehr Freiwillige. Heute besteht unser Team aus 31 Hauptamtlichen, 70 Honorarkräften und 180 Ehrenamtlichen. Corona hat uns noch einmal einen Schub gegeben, da wir unser Angebot auch für Kinder ohne Migrationshintergrund geöffnet haben. Alles andere wäre für Eltern, die in dieser Zeit keine Unterstützung leisten konnten, diskriminierend gewesen. Heute unterrichten wir wöchentlich 750 Kinder.  

Was sind aus Deiner Sicht die Erfolgsfaktoren für diese positive Entwicklung?  

Das gesamte Netzwerk, also alle, die beteiligt sind, haben ein Puzzleteil dazu beigetragen und auf ihre eigene Art und Weise unterstützt. Manche mit Zeit, manche mit Geld, andere mit Räumen.  

Ihr kooperiert mit Schulen, Städten, Kommunen und anderen Vereinen. Wie kommt der Kontakt zustande? 

Meistens nehmen die Schulen Kontakt mit uns auf, weil sie von anderen Schulleiter:innen von uns gehört haben. Lediglich in Köln sind wir proaktiv auf das Schulamt zugegangen. Wir haben einfach angerufen und uns vorgestellt. Das liegt aber auch daran, dass wir eine besondere Verbindung zu der Stadt haben, da mein Kollege und ich dort studiert haben. Der Kontakt kann auch über Lehrer:innen zustande kommen, aber das ist oft schwierig, da sie häufig überlastet sind. Deshalb empfehle ich, zum Beispiel auch an Trainer:innen oder andere Bezugspersonen der Kinder zu denken. Bei uns in der Nähe gibt es etwa eine Kampfsportschule, mit der ich in Kontakt stehe. 

Habt Ihr auch eine Social-Media-Strategie, um die Kinder zu erreichen? 

 Wir konzentrieren uns darauf, vor allem Sponsor:innen und Ehrenamtliche über Social Media zu erreichen. Wir nutzen Instagram, Facebook, LinkedIn, YouTube und Zeitungen, die kostenfreie PR-Artikel veröffentlichen. Wachstum steht dabei nicht im Fokus. Statt auf „Neukundengewinnung“ zu setzen, streben wir eine dauerhafte Präsenz in unseren bestehenden Netzwerken an, um immer mal wieder in die Erinnerung der Leute zu kommen. 

Wenn Du heute noch einmal starten könntest, was würdest Du anders machen?  

Ich würde früher anfangen, auf Zahlen zu achten. Man muss von Anfang an überlegen, wie man ein Projekt finanzierbar machen kann. Ich selbst war zu Beginn ein wenig in einer Traumwelt und habe alles komplett kostenlos geleistet. Konkret heißt das, dass ich ein Jahr in Vollzeit ehrenamtlich gearbeitet habe, ohne einen Cent zu verdienen. Ohne meine Eltern, die mich finanziell unterstützt haben, hätte ich das nicht geschafft.  

Für Deinen Einsatz wurdest Du mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. 

Mein Schwager hatte mich dafür vorgeschlagen und dann wurde ich nach Berlin ins Schloss Bellevue eingeladen. Es war ein fantastisches Erlebnis, mit Herrn Steinmeier zu sprechen, der sehr persönlich und wertschätzend war.  

Hast Du einen abschließenden Tipp für andere Organisationen oder Vereine, die sozial benachteiligte Kinder mit ihren Bildungsangeboten unterstützen und Chancengerechtigkeit fördern wollen? 

Es ist sehr wertvoll, in engem Kontakt mit den Menschen zu stehen – wie ich es bei der ersten irakischen Familie erlebt habe, der ich geholfen habe. Nur so versteht man ihre Wünsche und Herausforderungen und kann gezielt darauf eingehen, statt am eigentlichen Bedarf vorbeizuplanen. Ich habe außerdem gelernt, dass das Interesse oft mehr von den Kindern kommen sollte als von den Eltern, da diese häufig wenig Wert auf außerschulische Bildung legen. 


Vielen Dank für das Gespräch!  

Interview mit Dominik Adolphy am 25.01.2023 
Geschäftsführer Du-Ich-Wir e. V.  
Willbecker Straße 87  
40699 Erkrath  

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