Mit KI zu mehr Mädchen in MINT?
Chancen und Herausforderungen für die MINT-Bildung
Künstliche Intelligenz (KI) wird immer wichtiger für die Bildung und bietet auch für außerschulische MINT-Bildungsangebote vielfältige Möglichkeiten. Sie kann helfen, das Lernen besser an individuelle Bedürfnisse anzupassen, den Zugang zu MINT-Themen zu erleichtern und neue Lehrmethoden zu entwickeln. Besonders an der Schnittstelle von KI und Gender gilt es jedoch, Chancen und Herausforderungen zu reflektieren, insbesondere im Hinblick auf mögliche Bias.
KI als Chance: Barrieren in der MINT-Bildung abbauen
KI bietet das Potenzial, Mädchen und Frauen stärker für den MINT-Bereich zu begeistern, indem sie personalisierte Lernangebote schafft und Geschlechterstereotypen entgegenwirkt.1
Diese Personalisierung von Lernangeboten anstelle standardisierter Inhalte ist ein vielversprechender Ansatz. Viele traditionelle Lehrmaterialien enthalten stereotype Darstellungen von Berufen,2 die Mädchen und Frauen davon abhalten können, sich mit MINT auseinanderzusetzen. KI-gestützte adaptive Lernplattformen bieten hier eine Chance, da sie individuelle Lernwege ermöglichen, die auf Interessen, Stärken und bevorzugte Lernstile zugeschnitten sind.3
MINT-Bildungsanbieter:innen können diese Technologien gezielt nutzen, um Mädchen differenzierte und flexible Lernangebote bereitzustellen. Diese ermöglichen es ihnen, in ihrem eigenen Tempo zu arbeiten und Inhalte zu nutzen, die auf ihre Interessen und Stärken abgestimmt sind. Auch KI-gestützte Systeme wie Chatbots erleichtern den Zugang zu MINT-Themen, indem sie spielerische und niedrigschwellige Einstiege schaffen.4 Solche Werkzeuge können dabei helfen, stereotype Hürden abzubauen und Mädchen nachhaltig für MINT zu begeistern.
KI als Herausforderung: Bias in KI und seine Auswirkungen
KI bietet jedoch nicht nur Chancen, sondern birgt auch Risiken, besonders für Mädchen und Frauen in MINT. Eine der größten Herausforderungen sind zahlreiche Bias in KI-Systemen – systematische Verzerrungen, die sich in den Ausgaben von KI-Modellen widerspiegeln. Solche Verzerrungen können etwa entstehen, wenn KI-Systeme mit unausgewogenen Daten trainiert werden.5
Auch in der Praxis zeigt sich, dass KI-Systeme bestehende Geschlechterstereotype verstärken oder bestimmte Gruppen benachteiligen können. Studien zeigen beispielsweise, dass KI-gestützte Bewerbungsverfahren häufig männliche Bewerber bevorzugen oder Sprachmodelle Frauen verstärkt mit stereotypen Berufen in Verbindung bringen.6, 7
Handlungsempfehlungen für MINT-Bildungsanbieter:innen
Damit Ihr in Euren MINT-Bildungsangeboten die Herausforderungen von KI im Bereich der MINT-Förderung für Mädchen und Frauen konstruktiv angehen könnt, haben wir einige Hinweise und Empfehlungen zusammengestellt.
- Bewusstsein für Bias schaffen: MINT-Bildungsanbieter:innen sollten ein tiefgehendes Verständnis für mögliche Verzerrungen in KI-Systemen entwickeln und Schlüsselpersonen (z. B. pädagogische Fachkräfte) sensibilisieren und schulen. Workshops und Weiterbildungen, wie beispielsweise „Methoden der Bias-Reduktion für eine sozialverantwortliche KI-Gestaltung“ auf dem KI-Campus, können dabei helfen, Verzerrungen in Algorithmen und den Ausgaben von KI-Systemen zu erkennen und kritisch zu hinterfragen. Dies ist besonders relevant, wenn KI zur Erstellung von Beschreibungen, Unterrichtskonzepten oder Lehrmaterialien für MINT-Bildungsangebote genutzt wird. Ein bewusster Umgang mit potenziellen Verzerrungen kann dazu beitragen, dass keine ungewollten Stereotype in Lehrinhalte oder die Außendarstellung von MINT-Bildungsangeboten einfließen. Das erworbene Wissen kann auch gezielt an die Teilnehmenden von MINT-Bildungsangeboten weitergegeben werden, um eine reflektierte und kritische Nutzung von KI in der MINT-Bildung zu fördern.
- Genderfaire Lehrmaterialien nutzen und weibliche MINT-Vorbilder sichtbar machen: Die Auswahl und Gestaltung von Lehrmaterialien sollten genderfair erfolgen. Besonders wichtig ist es, weibliche Rollenmodelle in MINT- und KI-Berufen sichtbar zu machen und stereotype Darstellungen zu vermeiden. Auch digitale Lernplattformen und KI-gestützte Lehrmittel sollten regelmäßig überprüft und bei Bedarf angepasst werden, um eine ausgewogene und faire Darstellung sicherzustellen. KI kann dabei unterstützen, indem sie Inhalte analysiert, stereotype Muster erkennt und geschlechtergerechte Darstellungen gezielt auswählt. Gleichzeitig ist es jedoch entscheidend, mögliche Verzerrungen in KI-Systemen kritisch zu hinterfragen, um unbeabsichtigte Benachteiligungen zu vermeiden.
- Partizipative Ansätze nutzen: Mädchen und junge Frauen sollten aktiv in die Gestaltung von MINT- und KI-Projekten einbezogen werden. Praxisnahe Formate wie Hackathons, Co-Design-Workshops oder Design-Based Learning bieten ihnen die Möglichkeit, ihre MINT-Fähigkeiten in interaktiven und anwendungsbezogenen Kontexten auszubauen und eigene Perspektiven in die Entwicklung einzubringen. Solche partizipativen Ansätze fördern nicht nur ihr technisches Selbstvertrauen, sondern können auch ihre langfristige Identifikation mit dem MINT-Bereich sowie ihr Zugehörigkeitsgefühl stärken.8, 9
- KI als spannendes Thema zur MINT-Förderung nutzen: KI kann nicht nur als unterstützendes Werkzeug dienen, das individualisierte Lernwege ermöglicht, Lernende motiviert und ihnen hilft, ihr volles Potenzial zu entfalten, sondern auch als spannendes MINT-Thema eingesetzt werden, um Mädchen die Relevanz von MINT im Alltag und für gesellschaftliche Herausforderungen aufzuzeigen. Ein Beispiel hierfür ist das KI-Camp „Mädchen machen KI“ von KI macht Schule, das auch online zugänglich ist.
- Ethik als festen Bestandteil der KI-Bildung etablieren: Ein zentraler Bestandteil der MINT-Bildung sollte die Reflexion über ethische Fragen der KI-Entwicklung sein. Themen wie Fairness, Datenschutz und der verantwortungsvolle Einsatz von KI-Systemen sollten gezielt in Bildungsangebote integriert werden. Dies ermutigt Lernende, sich kritisch mit KI auseinanderzusetzen und langfristig zu einer sozial verantwortlichen Technologieentwicklung beizutragen. Plattformen wie der KI-Campus können wertvolle Inhalte und Weiterbildungen zu diesem Thema anbieten.
Fazit: KI als Chance für eine geschlechtergerechte MINT-Bildung nutzen
KI bietet enorme Chancen, die MINT-Bildung vielfältiger und geschlechtergerechter zu gestalten. Gleichzeitig sollten sich Bildungsanbieter:innen der Herausforderungen bewusst sein und reflektiert mit Bias in KI-Systemen umgehen. Nur durch eine bewusste Gestaltung und einen gezielten Einsatz kann KI als Werkzeug genutzt werden, um Mädchen und Frauen für MINT zu begeistern und stereotype Vorstellungen aufzubrechen.
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Welche Erfahrungen habt Ihr mit KI in der MINT-Bildung gemacht – besonders in der MINT-Förderung für Mädchen und junge Frauen? Teilt Eure Erfahrungen mit uns! Schreibt uns gerne – wir freuen uns auf den Austausch!
1 Nixon, N., Lin, Y., & Snow, L. (2024). Catalyzing equity in STEM teams: Harnessing generative AI for inclusion and diversity. Policy Insights from the Behavioral and Brain Sciences, 11(1), 85–92. https://doi.org/10.1177/23727322231220356.
2 Fruehwirth, B., Heilemann, M., & Stoeger, H. (2024). The gender representation of women and men in the occupational areas of STEM and care work in German textbooks. Linguistics and Education, 80(July 2023), 101284. https://doi.org/10.1016/j.linged.2024.101284.
3 Ezzaim, A., Dahbi, A., Aqqal, A., & Haidine, A. (2024). AI-based learning style detection in adaptive learning systems: a systematic literature review. Journal of Computers in Education. https://doi.org/10.1007/s40692-024-00328-9.
4 Deng, R., Jiang, M., Yu, X., Lu, Y., & Liu, S. (2025). Does ChatGPT enhance student learning? A systematic review and meta-analysis of experimental studies. Computers & Education, 227, 105224. https://doi.org/10.1016/j.compedu.2024.105224.
5 Wan, Y., Pu, G., Sun, J., Garimella, A., Chang, K.-W., & Peng, N. (2023). “Kelly is a warm person, Joseph is a role model”: Gender biases in LLM-generated reference letters. arXiv. http://arxiv.org/abs/2310.09219.
6 Wilson, K., & Caliskan, A. (2024). Gender, race, and intersectional bias in resume screening via language model retrieval. Proceedings of the AAAI/ACM Conference on AI, Ethics, and Society. https://doi.org/10.48550/arXiv.2407.20371.
7 Gorska, A. M., & Jemielniak, D. (2023). The invisible women: Uncovering gender bias in AI-generated images of professionals. Feminist Media Studies, 23(8), 4370–4375. https://doi.org/10.1080/14680777.2023.2263659.
8 Milton, S., Sager, M. T., & Walkington, C. (2023). Understanding racially minoritized girls’ perceptions of their STEM identities, abilities, and sense of belonging in a summer camp. Education Sciences, 13(12), 1183. https://doi.org/10.3390/educsci13121183.
9 Solyst, J., Axon, A., Stewart, A. E. B., Eslami, M., & Ogan, A. (2023). Investigating girls’ perspectives and knowledge gaps on ethics and fairness in artificial intelligence in a lightweight workshop. arXiv. https://arxiv.org/abs/2302.13947.
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