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10 Fakten zu: Langeweile

Was Lehrende wissen sollten – und was sie tun können

02. April 2025 Lesedauer: ca. 8 min
Didaktik
MesH
Teilhabe
iStock/skynesher

Erinnert ihr euch auch noch an Unterrichtsstunden, die einfach nicht zu vergehen schienen? Immer wieder ertappte man sich selbst dabei, wie man rumkritzelte, aus dem Fenster starrte oder die Sitznachbar:innen in ein Gespräch verwickelte. Aber wie sehr schadet Langeweile bei MINT-Aktivitäten oder im MINT-Unterricht? Und welche Maßnahmen könnt ihr anwenden, um Langeweile zu vermeiden? MesH_MINT hat 10 praxisrelevante Fakten rund um das Thema Langeweile aus der MINT-Bildungsforschung zusammengefasst. 

1. Langeweile ist ein negatives Gefühl, das zu Ablehnung führen kann 

Langeweile tritt dann auf, wenn man keiner zufriedenstellenden Tätigkeit nachgehen kann. Langeweile ist ein komplexes Phänomen und wird in der Psychologie auf verschiedenen Ebenen untersucht.1 Sie setzt sich zusammen aus:  

  • Affektiven Komponenten – “Ich hasse es, hier im Unterricht zu sitzen.” 
  • Kognitiven Komponenten – “Vergeht die Stunde denn gar nicht heute?”  
  • Physiologischen Komponenten – “Ich bin total müde nach der Stunde.”  
  • Expressiven Komponenten – Mimik, Stimme und Körperhaltung verändern sich.  
  • Motivationalen Komponenten – “Am liebsten würde ich jetzt einfach gehen.” 

2. Langeweile kann müde machen, aber auch nervös und aggressiv 

Eine Befragung von fünfzig Schüler:innen zeigte, dass sich das Gefühl der Langweile auf verschiedene Arten äußern kann: Je zwei Drittel berichteten von einem mentalen Abschalten oder Müdigkeit. Andere beschrieben komplett andere Aspekte wie Beschäftigungsdrang (22 %), Aggression (12 %) und Unruhe (12 %).2 

3. Langeweile kann zu einem langfristig anhaltenden Gemütszustand werden 

Langeweile muss nicht temporär sein. Sie kann auch zu einer andauernden Gefühlslage werden. Startet z. B. ein Physikprojekt mit einer längeren Erklärung zur Einführung eines Themas, so kann sich das Gefühl von Langeweile bei einigen Teilnehmenden auch auf den eigentlich spannenden experimentellen Teil übertragen. Daher ist es umso wichtiger, diesem Gefühl entgegenzuwirken.3 

4. Langeweile kann die Motivation senken und zu schlechten Noten führen 

Je stärker die Langeweile, desto eher sinkt die Motivation der Lernenden. Auch schlechtere Leistungen finden sich bei gelangweilten Schüler:innen eher.4, 5 

5. Langeweile betrifft meistens Situationen, in denen Leistungen gefordert sind 

In Leistungssituationen, etwa im Unterricht, tritt Langeweile häufiger auf als z. B. bei Freizeitaktivitäten ohne Leistungsdruck.6 Studien an Hochschulen haben gezeigt, dass Langeweile am häufigsten im Rahmen von Vorlesungen wahrgenommen wird. Bis zu 60 % der Studierenden empfanden mindestens die Hälfte der Vorlesungszeit als langweilig, 25 % gaben sogar an, sich meistens oder durchgehend zu langweilen.7 In Seminaren stellt sich das Gefühl von Langeweile seltener ein, wenn praktische Aufgaben eingebaut oder Gruppenarbeiten durchgeführt werden (siehe „10 Fakten zu außerschulischen MINT-Angeboten“, Fakt 9). 

6. Bei Schüler:innen tritt Langeweile häufiger auf als bei Studierenden 

Eine Studie konnte nachweisen, dass der Zusammenhang zwischen Langeweile und Motivation sowie Leistungen in der Sekundarstufe ausgeprägter ist als im Tertiärbereich (Hochschulstudium). 5 Dies erklären Bildungsforschende damit, dass Schüler:innen durch vorgegebene Rahmenpläne nicht mitentscheiden können, was sie lernen. Studierende hingegen haben oft mehr Entscheidungsfreiraum bei der Kurswahl. Auch bewerten Studierende den Nutzen eines bestimmten Lerninhaltes (Utility Value) oft höher als Schüler:innen.4 (siehe Fakt 9) 

7. Vorwissen schützt vor Langeweile 

Mit einer Studie konnte nachgewiesen werden, dass auch mangelndes Vorwissen oft zu Langeweile und folglich zu schlechteren Leistungen führt. Haben Schüler:innen schon Vorkenntnisse zu einem Thema, scheint ihnen der Einstieg leichter zu fallen und sie können neuem Input leichter folgen und bringen sich aktiver ein. Die Verbesserung von Vorwissen könnte somit ein wirkungsvoller Ansatzpunkt gegen Langeweile sein. 

Tipp: Kurze Übungen oder Diskussionen zum Einstieg in ein Thema können eingesetzt werden, um alle auf einen vergleichbaren Wissensstand zu bringen. 

8. Stereotypisierte Gruppen empfinden häufiger Langeweile 

Schüler:innen, die zu einer Gruppe gehören, deren Leistungsvermögen negativ stereotypisiert ist (z. B. Mädchen oder Kinder/Jugendliche mit Deutsch als Zweitsprache), empfinden deutlich häufiger Langeweile.  

Finden solche falschen Stereotype wie „Mädchen sind schlechter in MINT“ unwidersprochen Raum in einem MINT-Projekt oder im MINT-Unterricht, kann dies bei Mädchen zu Überforderung und damit zu einem stärkeren Empfinden von Langeweile führen.9 Es ist daher wichtig, solche Klischees zu entkräften. 

9. Verschiedene Maßnahmen zeigen positive Effekte gegen Langeweile 

In der Forschungsliteratur werden unter anderem folgende Maßnahmen vorgeschlagen, um Langeweile bei Lernenden zu reduzieren:  

– Settings, in denen Schüler:innen zusammenarbeiten (kooperatives Lernen) und bei denen sie den Ablauf mitgestalten können (schülerzentrierte Projekte)10  

– Maßnahmen, bei denen Lernunterstützung in kleineren Gruppen personalisiert angepasst und so auch auf die Bedürfnisse Einzelner eingegangen werden kann („Science Tutoring“-Programme)11  

Utility-Value-Maßnahmen, d. h. die Nützlichkeit eines Themas bzw. einer Aufgabe wird in den Fokus gestellt. 

Tipp: Viele MINT-Themen sind relevant für den Klimaschutz, für die Entwicklung neuer Medikamente oder technologischen Fortschritt. Stellt man diesen Nutzen deutlich heraus und entwickelt evtl. auch Aufgaben mit diesem Schwerpunkt, so kann das Thema generell als weniger langweilig empfunden werden. 

10. Langeweile kann durch interaktive Elemente vermieden werden 

Auch außerhalb des klassischen Schulunterrichts kann Langeweile durch Mitmach-Elemente vermieden werden. Das hat eine Studie im Deutschen Museum gezeigt. Hier wurde ein bestehendes Schulprogramm zum Thema Energie mit einem Format mit mehr Mitmach-Charakter verglichen. Dauer und Inhalt des Programms blieben gleich. Im interaktiven Format wurden unter anderem Puzzles und ein Multiple-Choice-Test mit Lösungswort eingeführt. Die Schüler:innen wurden außerdem in zufällige Gruppen eingeteilt. Das Ergebnis: Beim Mitmach-Format empfanden die Teilnehmenden im Vergleich zum ursprünglichen Programm weniger Langeweile.12  

Mehr Wissen? Hier erfahrt Ihr mehr über Langweile:

Wir haben Euch wieder drei außerschulische Projekte der MINT-Community passend zum Thema herausgesucht:

1. Pekrun, R., Goetz, T., Daniels, L. M., Stupnisky, R. H., & Perry, R. P. (2010). Boredom in achievement settings: exploring control-value antecedents and performance outcomes of a neglected emotion. Journal of Educational Psychology, 102(3), 531–549. https://doi.org/10.1037/a0019243 
 
2. Götz, T., & Frenzel, A. C. (2006). Phänomenologie schulischer Langeweile. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 38(4), 149-153.  https://doi.org/10.1026/0049-8637.38.4.149 
 
3. D’Mello, S. K., Blair, L., & Person, N. (2010). Monitoring Affect States During Effortful Problem Solving Activities. International Journal of Artificial Intelligence in Education, 20(4), 361–389. https://doi.org/10.3233/JAI-2010-012 
 
4. Tze, V. M. C., Daniels, L. M., & Klassen, R. M. (2016). Evaluating the Relationship Between Boredom and Academic Outcomes: A Meta-Analysis. Educational Psychology Review, 28(1), 119–144. https://doi.org/10.1007/s10648-015-9301-y 
 
5. Camacho-Morles, J., Slemp, G. R., Pekrun, R., Loderer, K., Hou, H., & Oades, L. G. (2021). Activity Achievement Emotions and Academic Performance: A Meta-analysis. Educational Psychology Review, 33(3), 1051–1095. https://doi.org/10.1007/s10648-020-09585-3 
 
6. Götz, T., Frenzel, A. C., Hall, N. C., Nett, U. E., Pekrun, R., & Lipnevich, A. A. (2014). Types of boredom: An experience sampling approach. Motivation and Emotion, 38, 401-419.  https://doi.org/10.1007/s11031-013-9385-y 
 
7. Sharp, J. G., Sharp, J. C., & Young, E. (2020). Academic boredom, engagement and the achievement of undergraduate students at university: A review and synthesis of relevant literature. Research Papers in Education, 35(2), 144-184. https://doi.org/10.1080/02671522.2018.1536891  
 
8. Gómez-Ochoa de Alda, J. A., Marcos-Merino, J. M., Valares-Masa, C., & Esteban-Gallego, M. R. (2024). Anticipatory emotions and academic performance: The role of boredom in a preservice teachers› lab experience. bioRxiv. https://doi.org/10.1101/2024.01.16.575518 
9. Schwartze, M. M., Frenzel, A. C., Goetz, T., Lohbeck, A., Bednorz, D., Kleine, M., & Pekrun, R. (2024). Boredom due to being over- or under-challenged in mathematics: A latent profile analysis. British Journal of Educational Psychology, 94, 947–958. https://doi.org/10.1111/bjep.12695 
10. Schukajlow, S., & Rakoczy, K. (2016). The power of emotions: Can enjoyment and boredom explain the impact of individual preconditions and teaching methods on interest and performance in mathematics? Learning and Instruction, 44, 117-127. https://doi.org/10.1016/j.learninstruc.2016.05.001   
11. Wegner, C., Strehlke, F., & Weber, P. (2014). Investigating the differences between girls and boys regarding the factors of frustration, boredom and insecurity they experience during science lessons. Themes in Science & Technology Education, 7(1), 35–45. https://eric.ed.gov/?id=EJ1131025 
 
12. Stavrova, O., & Urhahne, D. (2010). Modification of a School Programme in the Deutsches Museum to Enhance Students’ Attitudes and Understanding. International Journal of Science Education, 32(17), 2291–2310. https://doi.org/10.1080/09500690903471583 

Ansprechpartnerin

Chrischani Perera Bobusch

Dr. Chrischani Perera-Bobusch

MesH_MINT

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