Direkt zum Inhalt wechseln

Regionale MINT-Initiativen nachhaltig finanzieren

Tim Thielen über gelingende Finanzierung durch Netzwerke und Partnerschaften

15. April 2025 Lesedauer: ca. 6 min
Finanzierung
Person arbeitet im Home Office an einem Schreibtisch. Zu sehen ist eine Hand, die ein Handy als Taschenrechner benutzt.
freepik/wirestock

Der finanzielle Start des Projektes ist gelungen, doch wie geht es nun weiter? Viele MINT-Regionen bzw. koordinierende MINT-Initiativen stehen nach einer Anschubfinanzierung vor der Herausforderung, sich langfristige Geldquellen zu sichern. Ohne eine nachhaltige Finanzierung können wertvolle Projekte nicht fortgeführt werden. Doch welche Strategien helfen wirklich dabei, MINT-Angebote dauerhaft zu etablieren? 

Diese konkreten Tipps und Maßnahmen, die bei der Verstetigung helfen können, stellt Tim Thielen vor, Leiter der MINT-Geschäftsstelle Rheinland-Pfalz. 

  • Regionale Entscheidungsträger überzeugen: regionales Commitment für eine Verstetigung schaffen  
  • Bei sich selbst anfangen: vorhandene Kompetenzen auf dem Weg zur Verstetigung weiterentwickeln  
  • Außerhalb der Region: Übersicht über öffentliche und private Finanzierungsquellen für die Finanzierung von MINT-Initiativen schaffen  

Was ist wichtig, um regionale Partner für regionale MINT-Projekte zu überzeugen? 

Um die regionalen Partner gezielt ansprechen zu können, ist es hilfreich, diese zu analysieren und nach ihrer Betroffenheit und ihrem Einfluss zu sortieren. So lässt sich besser identifizieren, wer für die Finanzierung und Unterstützung von MINT-Initiativen besonders wichtig ist. Der Leitfaden „Auf dem Weg zur MINT-Region“ (vgl. S. 7) der Körber-Stiftung kann dabei helfen, diese Priorisierung auf regionaler Ebene vorzunehmen.  

Ebenso sind eine genaue Analyse und Recherche regionaler Schnittstellen und Ressourcen zur Finanzierung notwendig. Mögliche anteilige Ressourcen auf dem Weg zu einer regionalen Mischfinanzierung können sein:  

  • Kommunen (Landkreis, kreisfreie Stadt, Verbandsgemeinden): Haushaltsmittel der Jugendämter als freiwillige Leistungszuschüsse der Kommune für freie Träger (SGB § 8, hier insbesondere § 74 ff.) 
  • regionale Wirtschaftsförderungsgesellschaften (WFG): Mehrwerte können hier z. B. genutzt werden, indem über die WFG regionale Netzwerke zu Unternehmen erschlossen werden oder zu Förderprogrammen (EU-Mittel, Mittel diverser Landesförderprogramme etc.) beraten wird 
  • regionale Clubs (z. B. Rotary oder Lions Club): kleinere Förderbeträge, aber starke Netzwerke zu regionalen Unternehmen  
  • Agentur für Arbeit: Kofinanzierungsmöglichkeit nach § 48 SGB III über berufsorientierte Maßnahmen – kurz BOM. Zu beachten: Es sind mindestens 50 % Eigenanteil als Projektträger zu leisten und eine kostenpflichtige Zertifizierung nach AZAV wird benötigt.  

Ergänzend zu den regionalen Ressourcen sind in allen Bundesländern die Ressourcen aus dem Bereich der Ganztagsschulen und des im Jahr 2024 gestarteten Startchancen-Programms mögliche Bestandteile einer Mischfinanzierung. Hiermit können diverse MINT-Angebote (Workshops, AGs, Fortbildungen, Prozessbegleitung etc.) sowie Sachmittel (Materialsets für MINT, Einrichtung von Makerspaces an Schulen) refinanziert werden. Die jeweiligen Details und Refinanzierungsmöglichkeiten variieren und müssen zwischen MINT-Akteur:in, Schule, Schulbehörde etc. regional und vor Ort ausgestaltet werden. 

Zusätzlich zu den genannten Finanzierungsmöglichkeiten sollte der Aufbau eines Kooperationsverbundes mit Unternehmen an der Schnittstelle Bildung und Wirtschaft initiiert werden. Hierzu sind in den letzten Jahren bundesweit erste, erfolgreiche Modelle (z. B. MINT-Regionalfonds) entstanden, die alle das Ziel vereint, durch die Netzwerke und Angebote der MINT-Regionen eine frühzeitige Fachkräftesicherung für Unternehmen zu gewährleisten. Folgende Beispiele guter Praxis können dafür ein Modell sein:  

Welche Kernkompetenzen benötige ich auf dem Weg zur Verstetigung? 

Auf dem Weg zur Entwicklung solcher regionalen Geschäftsmodelle für die Kooperation mit Unternehmen ist es ratsam, seine eigene Rolle, Aufgabe und Kompetenzen zu reflektieren. Die Koordinierung solcher Verbünde bzw. das Überzeugen von Stakeholdern erfordert oftmals eine persönliche Weiterentwicklung, da hiermit Aufgaben verknüpft sind, die die reine regionale Bildungskoordination übersteigen. Dies beinhaltet beispielsweise: 

  • eine Offenheit dafür, Bildungsdienstleister:in für die regionale Fachkräftesicherung in Zusammenarbeit mit Unternehmen zu werden, 
  • Kompetenzen in Präsentationstechniken und der Darstellung von Mehrwerten („Pitching“ etc.) zur Überzeugung von regionalen Stakeholdern weiterzuentwickeln, 
  • sich durch Fortbildungen, Hospitationen, Beratungen z. B. in den Bereichen Geschäftsmodellentwicklung, Betriebswirtschaft, Vertrieb und Marketing neue branchenübergreifende Kompetenzen anzueignen, die außerhalb von Bildung und Sozialwissenschaften liegen.  

Für die eigene Kompetenzentwicklung eignet sich die Lernplattform MINT-Campus, die für die Rolle und Aufgabe von MINT-Koordinator:innen zielführende Lernmodule anbietet, die selbstgesteuert und remote durchlaufen werden können. Einen direkten Zugang findet Ihr hier: https://mintcampus.org/schwerpunkte/projekt-und-netzwerkarbeit/.  

Wo finde ich weitere öffentliche und private Finanzierungsquellen für meine MINT-Initiative?  

Neben den Prozessen zur Ansprache und Akquise regionaler Stakeholder und dem damit verbundenen Aufbau von verbindlichen Kooperationen (Kooperationsverträge mit Unternehmen und Stiftungen, Bewilligungen für Mittelzuschüsse von Kommunen etc.) zeigen folgende Datenbanken und Hinweise mögliche Finanzierungsquellen, die weitere Bestandteile einer regionalen Mischfinanzierung sein können: 

  • Recherche auf Landesebene: Sofern keine zentrale Rechercheplattform des jeweiligen Bundeslandes vorhanden ist, nutzt die Websites der Landesministerien für Bildung, Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung, um mögliche Förderprogramme in diesen Bereichen ausfindig zu machen.  
  • landesweite, regionale Stiftungssuche: Je nach Bundesland unterschiedlich, aber durch Internetrecherche „Stiftungsverzeichnis + Name Bundesland“ gelangt Ihr zu der jeweiligen Behörde, die dieses Verzeichnis bereitstellen kann.  

Tipp: Legt Euch eine eigene „Finanzierungsdatenbank“ (z. B. in Excel) an für Euren SOLL- und IST-Stand Eures aktuellen Finanzierungsmix, der eine Übersicht über aktuell fördernde, im Akquiseprozess befindliche und potenzielle, neue Partner enthält. Ebenfalls sollte die Datenbank konkrete Zahlen zu Euren benötigten Personal- und Sachmitteln beinhalten und diese mit Euren aktuellen Erträgen und Erlösen abgleichen.  

Abschließend und zusammenfassend: Was sind die wichtigsten „Lessons learned“?  

Mehr Mischfinanzierung als Einzelförderung! Im Regelfall werdet Ihr Euch von der Idee einer einzelnen, dauerhaft fördernden Institution verabschieden müssen. Die dauerhafte Akquise und Kooperation mit mehreren, teilweise befristet finanzierenden Kooperationspartnern wird eher die Realität darstellen.  

In Eurer Region entscheidet sich die Verstetigung! Überregionale Geldquellen werden zum Großteil Fördermittel stets nur befristet und projektbezogen ermöglichen. Beginnt daher frühzeitig damit, Schritt für Schritt ein regionales Commitment für eine solide Grundfinanzierung aufzubauen.   

Frühzeitig Kooperationen für die Finanzierung aufbauen! Nachdem Ihr die erste Anschubfinanzierung erhalten habt, bleibt kaum Zeit, sich auf den Erfolgen auszuruhen. Euer Ziel muss es sein, frühzeitig, mindestens 2 Jahre vor Ende der Anschubfinanzierung, erste Kooperationspartner zu finden, die in Eure Finanzierung/Geschäftsmodelle einsteigen wollen, um Euch auch nach der Anschubfinanzierung zu unterstützen (z. B. Modell: MINT-Regionalfonds).  

Viel Erfolg bei Euren Bemühungen für die Verstetigung von MINT-Initiativen!  

Über Tim Thielen

Dipl.-Päd. Tim Thielen leitet seit 2018 die MINT-Geschäftsstelle in Rheinland-Pfalz. Mit 15 Jahren Erfahrung im Bildungs- und Projektmanagement, darunter 10 Jahre in Führungspositionen, entwickelt, berät und begleitet er (MINT-)Initiativen und Programme im Bereich des strategischen Bildungsmanagements.

Ansprechpartnerin

Ina Liebmann

Geschäftsstelle / Service Hotline

Ihr wollt keinen Beitrag mehr verpassen?

Dann meldet Euch jetzt für unseren Newsletter an.