10 Fakten zu Sense of Belonging
Wer sich zugehörig fühlt ist motivierter.
Ob Sportverein, Schulklasse, Beruf oder Familie – wir alle fühlen uns verschiedenen Gruppen zugehörig. Und das ist auch gut so: Denn das heißt, wir bauen zwischenmenschliche Beziehungen auf und erhalten diese aufrecht – und das hat Auswirkungen auf unsere Emotionen, auf kognitive Prozesse und unser Wohlbefinden.1 In der Wissenschaft wird dieses Zugehörigkeitsgefühl auch Sense of Belonging genannt. Im schulischen Kontext meint es zum Beispiel sich akzeptiert, wertgeschätzt und einbezogen zu fühlen.2 Wer sich zugehörig fühlt, ist motivierter. Das konnte in Studien für den MINT-Bereich nachgewiesen werden.3 Welche weiteren Erkenntnisse es aus der Bildungsforschung gibt, die Euch helfen können, ein Sense of Belonging für MINT bei jungen Menschen zu wecken, erfahrt Ihr in unseren 10 Fakten.
1. Sense of Belonging beeinflusst die Entscheidungen von Kurswahlen und Karriere
Wie eine Studie gezeigt hat, entscheiden sich Mädchen, die ein stärker ausgeprägtes Zugehörigkeitsgefühl zu MINT haben, auch eher für einen MINT-Kurs.4
Insgesamt hat das Zugehörigkeitsgefühl bei Mädchen einen größeren Einfluss auf solche Entscheidungen und auf das Interesse an Lerninhalten als bei Jungen.4, 5 Die Förderung des Sense of Belonging ist also ein guter Hebel zum Empowerment von Mädchen in MINT.
2. Zum Zugehörigkeitsgefühl gehören soziale und kompetenzorientierte Aspekte
Im schulischen und universitären Kontext umfasst das Sense of Belonging eine soziale (“Ich passe gut in diesen Kurs”) und eine akademische (“Meine Kompetenzen passen gut zu diesem Kurs”) Komponente. Beide Komponenten haben Einfluss auf schulische und universitäre Leistungen und die Auswahl von Fächern.6 Das heißt, wer sich in einer Gruppe (z.B. in einem Ferienkurs oder einem Klassenverbund) als Person wohlfühlt und den Eindruck hat, dass die eigenen Kompetenzen gut zum Rest der Gruppe passen, der entwickelt ein stärkeres Sense of Belonging. Übungen, die zum Nachdenken über die eigenen Kompetenzen oder die der Gruppe anregen, könnten hier zu einer Steigerung des Sense of Belonging führen (siehe auch Fakt 10).
3. Frauen fühlen sich trotz gleicher Kompetenz weniger zugehörig
Während sich die soziale Komponente des Sense of Belonging zwischen Männern und Frauen nicht unterscheidet, gibt es bei der akademischen Komponente durchaus Differenzen. Frauen, die sich im Studium für den pSTEM-Bereich (Physik, Mathematik, Ingenieurswissenschaften) entschieden haben, fühlen sich tendenziell weniger zugehörig als Männer – und das, obwohl sich die Kompetenzen und Leistungen der beiden Geschlechter im Durchschnitt nicht unterscheiden.7 Auch auf dieser Ebene kann es also hilfreich sein, das Vertrauen in die eigenen Kompetenzen und damit das Zugehörigkeitsgefühl von Frauen zu fördern.
4. Wer das Gefühl hat, dazuzugehören, bleibt eher bei seinem Studium
Egal ob Männer oder Frauen: Bei beiden Gruppen lässt sich ein klarer Zusammenhang zwischen Sense of Belonging und der Intention, den Studiengang beizubehalten, beobachten – und das unabhängig von der akademischen Leistung.7
5. Das Gefühl von MINT-Zugehörigkeit ist bei weißen Männern am stärksten
Sense of Belonging wird durch verschiedene Faktoren geformt: Beziehungen zu Mitschüler:innen/Mitstudierenden, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, Interesse und „Science“-Identität (Wahrnehmung der eigenen Person als naturwissenschaftlich interessiert und kompetent). Das MINT-Zugehörigkeitsgefühl ist stärker ausgeprägt unter Männern und weißen Personen. Dabei hängt das Empfinden des Sense of Belonging auch von der Anzahl der Personen des gleichen Geschlechts in einem Studiengang ab, also der sichtbaren Präsenz „mir ähnlichen Personen“.8
6. MINT-Fachrichtungen, in denen Frauen stärker repräsentiert sind, sind attraktiver für Mädchen
Das gilt auch für das Sense of Belonging von Frauen. In einer Studie zeigte sich, dass MINT-Bereiche in denen Frauen unterrepräsentiert sind, unattraktiver für High-School-Mädchen in Bezug auf ihre eigene Karriereplanung waren. Am attraktivsten schien für die Mädchen innerhalb der MINT-Fächer Biologie.9
7. Frauen wünschen sich Berufe, mit denen sie anderen helfen können
Frauen streben eher eine Karriere an, in der sie ihren Beruf mit sozialen Zwecken verbinden können. Diese Möglichkeit wird stereotypisch eher mit Life Sciences (z. B. Biologie oder Medizin) verknüpft als mit Physik oder Ingenieurwissenschaften.10 Das Herausstellen des gesellschaftlichen Nutzens anderer Fachrichtungen könnte also auch hier zu einer Steigerung des Sense of Belonging von Mädchen führen.11
8. Neutral gestaltete Räume fördern das Zugehörigkeitsgefühl von Mädchen
Sense of Belonging beschränkt sich nicht nur auf das persönliche Umfeld, sondern auch auf die direkte räumliche Umgebung.4 In Klassenzimmern, deren Einrichtung IT-Stereotype bedient (z. B. Star-Wars-Merchandise, Computerteile oder SciFi-Bücher), empfinden Mädchen ein deutlich niedrigeres Zugehörigkeitsgefühl als Jungen. Weniger stereotypisierte Klassenzimmer, deren Dekoration z. B. aus Kunstdrucken, allgemeinen Zeitschriften und Pflanzen besteht, führen hingegen zu einem deutlich höheren Zugehörigkeitsgefühl bei Mädchen.4
9. Die Betonung, dass soziale Hürden überwunden werden können, hilft marginalisierten Gruppen
In einer Studie zur sozialen Komponente des Sense of Belonging wurde Studienanfänger:innen ein Text ausgehändigt, in dem es um das Zugehörigkeitsgefühl zu Beginn des Studiums ging. In dem Text wurde beschrieben, dass das Gefühl, nicht dazuzugehören eine universelle Erfahrung ist, die die meisten Studienanfänger:innen teilen, damit normal ist und sich verändern lässt. Leistung und Wohlbefinden einer marginalisierten Gruppe (in der vorliegenden Studie: schwarze Studienanfänger:innen in den USA) steigerten sich durch diese Intervention langfristig.12
10. Sich der eigenen Werte bewusst zu werden, steigert die Leistungen in MINT
Positive, langfristige Effekte auf Leistungen in MINT konnten auch als Folge einer Selbst-Affirmations-Aufgabe nachgewiesen werden, bei der Studierende knapp 15 Minuten über den für sie persönlich wichtigsten Wert (z. B. Familie) nachdenken und schreiben sollten. Besonders für Studierende, die ein niedriges Sense of Belonging im College zeigten, ergaben sich durch die Aufgabe positive Effekte.13
Auf unserer Community-Plattform findet ihr verschiedene Projekte, die den Sense of Belonging stärken können. Wir haben ein paar besonders passende für euch herausgesucht:
1. Baumeister, R. F., & Leary, M. R. (1995). The need to belong: Desire for interpersonal attachments as a fundamental human motivation. Psychological Bulletin, 117(3), 497–529. https://doi.org/10.1037/0033-2909.117.3.497
2. Goodenow, C. (1993). Classroom Belonging among Early Adolescent Students: Relationships to Motivation and Achievement. The Journal of Early Adolescence, 13(1), 21-43. https://doi.org/10.1177/0272431693013001002
3. Smith, J. L., Lewis, K. L., Hawthorne, L., & Hodges, S. D. (2013). When Trying Hard Isn’t Natural: Women’s Belonging With and Motivation for Male-Dominated STEM Fields As a Function of Effort Expenditure Concerns. Personality and Social Psychology Bulletin, 39(2), 131-143. https://doi.org/10.1177/0146167212468332
4. Master, A., Cheryan, S., & Meltzoff, A. N. (2016). Computing whether she belongs: Stereotypes undermine girls’ interest and sense of belonging in computer science. Journal of Educational Psychology, 108(3), 424–437. https://doi.org/10.1037/edu0000061
5. Ito, T. A., & McPherson, E. (2018). Factors Influencing High School Students› Interest in pSTEM. Frontiers in Psychology, 9, 1535. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2018.01535
6. Lewis, K. L., & Hodges, S. D. (2015). Expanding the concept of belonging in academic domains: Development and validation of the Ability Uncertainty Scale. Learning and Individual Differences, 37, 197–202. https://doi.org/10.1016/j.lindif.2014.12.002
7. Banchefsky, S., Lewis, K. L., & Ito, T. A. (2019). The Role of Social and Ability Belonging in Men’s and Women’s pSTEM Persistence. Frontiers in Psychology, 10, 2386. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2019.02386
8. Rainey, K., Dancy, M., Mickelson, R., Stearns, E., & Moller, S. (2018). Race and gender differences in how sense of belonging influences decisions to major in STEM. International Journal of STEM Education, 5(1). https://doi.org/10.1186/s40594-018-0115-6
9. Veldman, J., Van Laar, C., Thoman, D. B., & Van Soom, C. (2021). “Where will I belong more?”: The role of belonging comparisons between STEM fields in high school girls’ STEM interest. Social Psychology of Education, 24(5), 1363–1387. https://doi.org/10.1007/s11218-021-09663-6
10. Rosenzweig, E. Q., & Chen, X.-Y. (2023). Which STEM careers are most appealing? Examining high school students’ preferences and motivational beliefs for different STEM career choices. International Journal of STEM Education, 10(1). https://doi.org/10.1186/s40594-023-00427-6
11. Spieler, B; Oates-Induchovà, L., & Slany, W. (2020) Female Teenagers in Computer Science Education: Understanding Stereotypes, Negative Impacts, and Positive Motivation. Journal of Women and Minorities in Science and Engineering, 26(5), 473-510. https://doi.org/10.48550/arXiv.1903.01190
12. Walton, G. M., & Cohen, G. L. (2011). A brief social-belonging intervention improves academic and health outcomes of minority students. Science, 331(6023), 1447-1451. https://doi.org/10.1126/science.1198364
13. Layous, K., Davis, E. M., Garcia, J., Purdie-Vaughns, V., Cook, J. E., & Cohen, G. L. (2017). Feeling left out, but affirmed: Protecting against the negative effects of low belonging in college. Journal of Experimental Social Psychology, 69, 227–231. https://doi.org/10.1016/j.jesp.2016.09.008
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