10 Fakten zu Dyskalkulie
Was Ihr über Schwierigkeiten in Mathe wissen müsst
Mathe-Kompetenzen gehören zu den wichtigsten Grundlagen für Erfolg in Schule und Beruf. Doch ein Teil der Kinder und Jugendlichen hat große Schwierigkeiten im Mathematikunterricht – und das sagt nichts über deren Intelligenz aus. Lernschwierigkeiten in Mathe werden als Dyskalkulie bezeichnet Sie zeigt sich schon in der Grundschule und kann ohne gezielte Unterstützung bis ins Erwachsenenalter anhalten. Dabei liegt es nicht an mangelnder Übung oder Motivation. Die Ursachen sind vielschichtig und reichen von kognitiven Verarbeitungsprozessen bis hin zu sozialen und emotionalen Faktoren. Forschung und Praxis beschäftigen sich damit, wie man Dyskalkulie zuverlässig erkennt, welche Fördermöglichkeiten es gibt und wie betroffene Kinder im Unterricht bestmöglich unterstützt werden können. Unser Schwesterprojekt MesH_MINT hat für Euch die wichtigsten Fakten zusammengetragen.
- 1. Dyskalkulie betrifft sowohl grundlegende Rechenfertigkeiten als auch ein eingeschränktes Verständnis grundlegender mathematischer Zusammenhänge. Oft spricht man synonym auch einfach von Matheschwierigkeiten.6
- 2. Etwa 5-7 % der Schulkinder sind von Dyskalkulie betroffen.2 Sie ist eine der häufigsten Schwierigkeiten, mit denen Kinder in der Schule konfrontiert sind – neben Dyslexie und Dysgraphie.1
- 3. Dyskalkulie wird normalerweise über standardisierte Mathetests diagnostiziert. Kinder, die deutlich schlechter als der Durchschnitt abschneiden, erhalten die Diagnose von Fachleuten aus der Schulpsychologie, Lerntherapie oder der Förderdiagnostik.6
- 4. Dyskalkulie zeigt sich oft in schlechten Matheleistungen. In anderen Fächern können Kinder dennoch gute Noten haben und einen altersgerechten, durchschnittlichen IQ.1
- 5. Um Mathe-Kompetenzen aufzubauen, benötigen Kinder verschiedene kognitive Fähigkeiten. Dazu gehören zum Beispiel logisches Schlussfolgern oder räumliches Vorstellungsvermögen.5 Kinder mit Dyskalkulie haben nicht unbedingt in allen kognitiven Bereichen Schwierigkeiten, aber oft ein ungewöhnliches Verständnis von mathematischen Konzepten.1
Tipp: Neben individuellen Fördermaßnahmen können auch digitale Hilfsmittel dazu beitragen, die mathematischen Fähigkeiten von Kindern mit Dyskalkulie zu verbessern.3 Im Alltag können zum Beispiel Formelsammlungen, Apps oder auch der gute alte Taschenrechner dabei helfen, das Lernen zu erleichtern.4
- 6. Meist haben Kinder mit Dyskalkulie Schwierigkeiten mit der räumlichen Vorstellung.1 Dazu zählt, dass sie oft Probleme damit haben, visuelle Reize korrekt zu verarbeiten, wie beispielsweise Zahlen und Rechenzeichen zu unterscheiden.2
- 7. Kinder mit Matheschwierigkeiten haben ein höheres Risiko, auch unter Leseschwierigkeiten zu leiden.7
Tipp: Kindern fällt das Lernen oft leichter, wenn sie Inhalte auf unterschiedliche Weise erleben können: mit Bildern und Videos, durch Bücher oder mit Unterrichtsmaterialien zum Anfassen. Besonders bei praktischen Aufgaben helfen Objekte, die man in die Hand nehmen kann.8
- 8. Kinder mit Dyskalkulie profitieren davon, wenn Inhalte in Form der sogenannten „Explicit Instruction“ vermittelt werden. Das bedeutet, komplexe Fähigkeiten werden in einzelne Schritte unterteilt und Inhalte mit Beispielen veranschaulicht. Sobald die Kinder sicherer werden, wird die Unterstützung systematisch reduziert. Außerdem ist es wichtig, dass es ausreichend Übungsmöglichkeiten und angemessenes Feedback gibt.8
Tipp: Interventionen bei Dyskalkulie sollten bei den Grundlagen ansetzen, also bei einfachen Ideen und Zusammenhängen der Mathematik. Erst wenn sich dieses Wissen durch regelmäßige Wiederholung gefestigt hat, können nach und nach komplexere Aufgaben gelöst werden.10
- 9. Damit Maßnahmen zur Unterstützung bei Rechen- oder Textaufgaben in Mathe wirklich wirken können, braucht es Zeit. Nur dann lassen sich Fortschritte und langfristig positive Veränderungen erzielen.9
- 10. Mathematik ist nicht nur in der Schule, sondern auch im Alltag wichtig. Menschen, denen der Umgang mit grundlegenden mathematischen Operationen schwerfällt, haben oft Schwierigkeiten im Berufsleben und sind stärker von Arbeitslosigkeit betroffen. Außerdem bedeutet Dyskalkulie psychischen Stress, weshalb Betroffene mit höherer Wahrscheinlichkeit depressive Symptome entwickeln.10
Dysgraphie ist eine spezifische Schreibstörung, bei der Kinder oder Erwachsene trotz durchschnittlicher Intelligenz und ausreichender Förderung erhebliche Schwierigkeiten beim Schreiben haben. Sie kann sich in einer unleserlichen, langsamen oder verkrampften Handschrift (schreibmotorische Dysgraphie) oder in vielen, auffälligen Rechtschreibfehlern (orthografische Dysgraphie) zeigen.
Dyslexie ist eine spezifische Lernstörung, die sich in erheblichen und anhaltenden Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens zeigt. Trotz normaler Intelligenz und ausreichender schulischer Förderung haben Betroffene Probleme, Buchstaben und Laute sicher zuzuordnen, Wörter flüssig zu lesen und Texte inhaltlich zu erfassen. Häufig treten zusätzlich Rechtschreibprobleme auf.
Explicit instruction ist ein strukturierter, schrittweiser Unterrichtsansatz, bei dem die Lehrkraft neue Inhalte klar erklärt, Lösungen sichtbar vormacht („modelliert“) und die Lernenden zunächst angeleitet üben, bevor sie Aufgaben zunehmend selbstständig bearbeiten. Durch unmittelbares Feedback, häufige Wiederholungen und eine klare Struktur werden Lernprozesse besonders effektiv unterstützt.
Auf dem MINT-Campus gibt es passende Lernangebote und -materialien:
Diese zwei Projekte der MINT-Community unterrichten Mathematik mit besonderen Methoden:
Dyskalkulie oder «nur» Matheangst? Dieser Blogbeitrag könnte Euch auch interessieren:
1Salisa, R. D., & Meiliasari, M. (2023). A literature review on dyscalculia: What dyscalculia is, its characteristics, and difficulties students face in mathematics class. Alifmatika: Jurnal Pendidikan Dan Pembelajaran Matematika, 5(1), 82-94.
2Agostini, F., Zoccolotti, P., & Casagrande, M. (2022). Domain-general cognitive skills in children with mathematical difficulties and dyscalculia: A systematic review of the literature. Brain sciences, 12(2), 239.
3Jadhav, D., Chettri, S. K., Tripathy, A. K., & Saikia, M. J. (2025). A technology-driven assistive learning tool and framework for personalized dyscalculia interventions. European Journal of Investigation in Health, Psychology and Education, 15(5), 85.
4Lichtsteiner, M. (2017). Hilfsmittel/unterstützende Technologien bei Dyskalkulie (Version 1.0). Verband Dyslexie Schweiz, https://verband-dyslexie.ch/rechenstoerung-foerderung.html
5Butterworth, B., Varma, S., & Laurillard, D. (2011). Dyscalculia: From brain to education. Science, 332(6033), 1049-1053.
6Chodura, S., Kuhn, J. T., & Holling, H. (2015). Interventions for children with mathematical difficulties. Zeitschrift für Psychologie, 223(2), 129–144. https://doi.org/10.1027/2151-2604/a000211
7Joyner, R. E., & Wagner, R. K. (2020). Co-occurrence of reading disabilities and math disabilities: A meta-analysis. Scientific Studies of Reading, 24(1), 14-22.
8Powell, S. R., Mason, E. N., Bos, S. E., Hirt, S., Ketterlin-Geller, L. R., & Lembke, E. S. (2021). A systematic review of mathematics interventions for middle–school students experiencing mathematics difficulty. Learning Disabilities Research & Practice, 36(4), 295-329.
9Myers, J. A., Hughes, E. M., Witzel, B. S., Anderson, R. D., & Owens, J. (2023). A meta-analysis of mathematical interventions for increasing the word problem solving performance of upper elementary and secondary students with mathematics difficulties. Journal of Research on Educational Effectiveness, 16(1), 1-35.
10Mahmud, M. S., Zainal, M. S., Rosli, R., & Maat, S. M. (2020). Dyscalculia: What we must know about students› learning disability in mathematics. Universal Journal of Educational Research, 8(12B), 8214-8222.
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