Fundraising in der Praxis
Vom Konzept zum konkreten Projekt – ein Gespräch mit Codenauten-Gründer Marvin Priedigkeit
Wie gelingt es, aus guten Ideen konkrete Fundraising-Projekte zu machen? Viele MINT-Initiativen stehen vor der Herausforderung, ihre Arbeit langfristig zu finanzieren – und wissen nicht, wo sie anfangen sollen. In der vierteiligen Workshop-Reihe „Fundraising für MINT-Akteur:innen“ hat Fundraising-Experte Maik Meid gezeigt, wie Organisationen Schritt für Schritt eine eigene Strategie entwickeln können.
Einer der Teilnehmenden war Marvin Priedigkeit, Gründer der Programmierschule Codenauten. Im Gespräch mit MINTvernetzt berichtet er, wie die Workshops den entscheidenden Anstoß gaben, Fundraising strategisch anzugehen, welche Erkenntnisse für ihn besonders wichtig waren – und wie daraus jetzt konkrete Aktionen entstehen.
Wer tiefer in die theoretischen Grundlagen der Workshop-Reihe einsteigen möchte, findet im Beitrag Erfolg im Fundraising – Smarte Strategien für MINT-Projekte eine Zusammenfassung der zentralen Inhalte und Tipps.
MINTvernetzt: Marvin, wie seid Ihr eigentlich auf unsere Workshop-Reihe zum Thema Fundraising aufmerksam geworden – und was hat Euch motiviert, daran teilzunehmen?
Marvin Priedigkeit: Wir sind bei MINTvernetzt schon in verschiedenen Bereichen aktiv und schauen regelmäßig, welche Angebote zu uns passen. Fundraising – oder generell das Thema Finanzierung und Verstetigung – ist etwas, das viele MINT-Initiativen beschäftigt. Wir arbeiten zwar schon länger mit Stiftungen und Unternehmen zusammen, aber im Bereich privater Spenden hatten wir bisher kaum Erfahrung. Der Workshop kam daher genau richtig, um das Thema endlich strukturiert anzugehen.
MINTvernetzt: Also war das eher ein glücklicher Zufall, der auf eine bestehende Idee traf?
Marvin: Genau. Die Idee, Fundraising im privaten Bereich aufzubauen, hatten wir schon länger. Uns fehlte nur der konkrete Anstoß. Mit der Workshop-Reihe hatten wir dann endlich den passenden Rahmen, um die ersten Schritte zu gehen. Wir wollten wissen: Wie spricht man Privatpersonen an? Wie baut man Vertrauen auf? Und wie kann man das Ganze langfristig planen?
MINTvernetzt: Was habt Ihr Euch konkret von der Workshop-Reihe erhofft?
Marvin: Uns war klar, dass vier Workshops keine Komplettlösung bieten, aber wir wollten vor allem Praxiserfahrungen mitnehmen. Man liest viel über große Organisationen wie „Brot für die Welt“ oder „Oxfam“, aber deren Strategien sind auf kleinere Initiativen kaum übertragbar. Wir wollten verstehen, was realistisch ist: Welche Größenordnungen sind machbar, wie viel Aufwand steckt dahinter – und wie kann Fundraising bei uns konkret aussehen?
MINTvernetzt: Gab es etwas, das Euch im Workshop besonders geholfen hat?
Marvin: Vor allem die Praxisnähe. Es war toll, jemanden zu haben, der aus Erfahrung sagen kann, was funktioniert – und was nicht. Besonders hilfreich war die Arbeit mit Personas. Wir haben fiktive Spender:innen-Steckbriefe erstellt, also uns genau überlegt, wer unsere Zielgruppen sein könnten und wie wir sie am besten erreichen. Daraus entstand ein kleiner Fundraising-Funnel – von der ersten Ansprache bis zur langfristigen Bindung.
MINTvernetzt: Wie habt Ihr die Inhalte dann umgesetzt?
Marvin: Wir haben nach den Workshops drei Prototypen für mögliche Fundraising-Kampagnen entwickelt. Dabei haben wir durchgerechnet, wie viele Spender:innen wir ansprechen müssten, um unser Ziel zu erreichen, und was das an Aufwand bedeutet. Unser Plan ist, noch vor Weihnachten eine erste kleine Fundraising-Aktion zu starten. Das soll unser erster Praxistest werden: Wie viele Menschen sprechen wir an, wie viele reagieren – und was funktioniert für uns?
MINTvernetzt: Was hat Euch beim Umsetzen besonders motiviert?
Marvin: Der Workshop hat uns gezwungen, uns sechs Wochen lang wirklich mit dem Thema Fundraising zu beschäftigen – und es nicht ständig zu verschieben. Es ist wie mit Neujahrsvorsätzen: Man nimmt sich etwas vor, aber ohne Struktur bleibt es beim Vorsatz. Außerdem hat uns das Feedback von Maik Meid sehr geholfen. Es war motivierend zu hören: „Das klingt gut, probiert das ruhig aus.“ Dieses Gefühl, auf einem sinnvollen Weg zu sein, war entscheidend.
MINTvernetzt: Gab es etwas, das Dich besonders überrascht hat?
Marvin: Ja – wie wichtig persönliche Bindungen sind. Spendenentscheidungen hängen oft weniger von Institutionen ab als von den Menschen dahinter. Vertrauen spielt eine riesige Rolle. Wenn jemand eine gute Beziehung zu einer Person aufgebaut hat, spendet sie häufiger. Ein weiterer Aha-Moment war das Thema Spendentreue. Etwa 32 Prozent der Menschen, die einmal spenden, tun das im nächsten Jahr sehr wahrscheinlich wieder. Das war mir vorher nicht klar – und es zeigt, wie wichtig nachhaltige Beziehungspflege ist.
MINTvernetzt: Wie wollt Ihr das Thema Fundraising künftig weiterverfolgen?
Marvin: Wir haben es jetzt weit oben auf unsere Agenda gesetzt. Aktuell bauen wir intern Strukturen auf, um gezielter Fundraising zu betreiben. Unser Ziel ist, in den kommenden Wochen erste Erfahrungen zu sammeln und dann langfristig eine stabile Spenderbasis aufzubauen.
MINTvernetzt: Welche Tipps würdest Du anderen MINT-Initiativen geben, die ins Fundraising einsteigen wollen?
Marvin: Erstens: Seid Euch bewusst, dass Fundraising ein Spiel mit großen Zahlen ist. Ihr müsst viele Menschen ansprechen, um Wirkung zu erzielen. Mit 100 Postkarten kommt man nicht weit. Zweitens: Nehmt Euch die Zeit, es sinnvoll anzugehen. Fundraising braucht Commitment und Struktur. Halbherzig funktioniert es nicht. Und drittens: Arbeitet datengetrieben. Nutzt Tools, behaltet Kennzahlen im Blick. So seht Ihr, was funktioniert – und was nicht.
MINTvernetzt: Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Fundraising heißt ja auch, Energie zu geben. Wie betreibst Du Dein eigenes „inneres Fundraising“?
Marvin: (Lacht) Mit Kaffee – genauer gesagt: türkischem Mokka mit Kardamom! Das ist mein kleiner Energie-Booster im Alltag.
MINTvernetzt: Das klingt nach einem guten Rezept! Danke Dir, Marvin, für das Gespräch – und viel Erfolg bei Eurer Fundraising-Premiere.
Marvin: Danke Euch – und danke für den tollen Workshop. Der hat uns wirklich weitergebracht.
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