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Teilhabe

Themenseite mit Erkenntnissen aus Wissenschaft und Praxis

MINTvernetzt/Mariusz Roclawski

MINT und Teilhabe

Wie können wir Barrieren abbauen, Zugänge schaffen und bislang unerreichte Zielgruppen für MINT begeistern? Auf dieser Seite geben wir praktische Tipps für mehr Teilhabe in und mit Hilfe außerschulischer MINT-Angebote.

Chance Teilhabe

In seiner Keynote „Bildungs(un)gerechtigkeit: Ursachen und Wege zur Förderung umfassender Teilhabe“ spricht Prof. Dr. Kai Maaz vom Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation (DIPF) über die mit einer zunehmend digitalisierten Welt einhergehende Herausforderung, gerechte Bildung für alle zu ermöglichen.

Bildungs(un)gerechtigkeit: Ursachen und Wege zur Förderung umfassender Teilhabe

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Erste Schritte in Richtung mehr Teilhabe

So sorgt Ihr für mehr Teilhabe in und mit Euren MINT-Angeboten

Soziale Benachteiligung entsteht, wenn Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe einen erschwerten Zugang zu gesellschaftlichen Ressourcen wie Bildung, Ausbildung oder Einkommen haben (vgl. Klassismus in unserem Glossar zum Thema Diversität). Auch ihre Chancen auf Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen und eine gelingende Lebensbewältigung werden dadurch eingeschränkt. Meist hängt die Benachteiligung mit einer bestimmten sozialen Herkunft der Betroffenen zusammen. Diese ergibt sich aus dem familiären Hintergrund einer Person und umfasst Faktoren wie Bildung, ethnische Herkunft und sozioökonomischen Status der Familie. Die soziale Herkunft ist nach wie vor entscheidend für den Bildungserfolg von Kindern in Deutschland.

Zum Weiterlesen:

Hinterfragt Euch selbst: Was wisst Ihr über soziale Benachteiligung und welche Wissenslücken könnt Ihr schließen? Welchen Stellenwert hat Eure Rolle als MINT-Lehrende:r und Euer Fachwissen für Eure Angebote und die teilnehmenden Jugendlichen? Und welche Rolle spielt Eure eigene soziale Herkunft in der Beziehungsarbeit mit den jungen Menschen?

Zum Weiterlesen

Um Kinder mit diversen sozialen Hintergründen mit MINT-Förderung zu erreichen, ist es wichtig, sich mit deren Lebenssituation zu beschäftigen. So können fehlende finanzielle und zeitliche Ressourcen der Eltern, aber auch Sprachbarrieren oder internalisierte Stereotype eine Teilnahme an MINT-Bildungsangeboten erschweren.
Wichtig ist daher, diese Voraussetzungen zu kennen oder zu erfragen (z. B. durch Umfragen, Interviews oder die Zusammenarbeit mit Bildungsexpert:innen).

Wichtige Punkte:

  • Wie sieht der Alltag der Kinder und Familien aus?
  • Welche finanziellen und zeitlichen Mittel stehen ihnen zur Verfügung?
  • Welche sprachlichen oder räumlichen Barrieren gibt es?
  • Welche Kommunikationswege sind leicht zugänglich und werden bereits genutzt?
  • Welche kulturellen Eigenheiten (z. B. religiöse Feste, sozio-kulturelle Normen, Essgewohnheiten) existieren?
  • Welche Rollenbilder und Stereotype sind möglicherweise bereits im Bewusstsein verankert (z. B. Erfahrungen von Ausgrenzung und Abwertung, geringes Selbstwertgefühl, Diskriminierung aufgrund von Sprache, Aussehen, Religion oder Geschlecht)?

Zum Weiterlesen:

Wenn Ihr die Antworten auf die oben genannten Fragen kennt (und nicht nur annehmt!), könnt Ihr Eure bestehenden Angebote auf diese Kriterien hin prüfen oder entsprechend neue Formate und Formen der Ansprache entwickeln.

Fragt Euch:

  • Ist das Angebot für sozioökonomisch benachteiligte Familien erschwinglich? Gibt es die Möglichkeit einer kostenlosen Teilnahme/eines Stipendiums?
  • Ist mein Angebot flexibel, sodass es von Menschen in unterschiedlichen Lebensumständen wahrgenommen werden kann?
  • Gehe ich auf sprachliche oder andere Barrieren ein?
  • Schaffe ich es, Stereotype und Rollenbilder aufzubrechen (z. B. bei der Wahl der MINT-Lehrenden, aber auch bei der Gestaltung der Inhalte)?
  • Fühlen sich Kinder und Jugendliche aus unterschiedlichen sozialen Herkünften in meinem Angebot repräsentiert?
  • Ist mein Angebot so gestaltet, sodass sich alle Teilnehmenden respektiert und wertgeschätzt fühlen? Biete ich die Möglichkeit zu (anonymem) Feedback und wie gehe ich mit Kritik dazu um?
  • Sind meine Kommunikationswege barrierefrei und von allen leicht zu verstehen?
  • Erreicht mein Angebot die angestrebte Zielgruppe?

Zum Weiterlesen:

Wichtig ist, dass Familien überhaupt von den MINT-Bildungsangeboten erfahren. Am besten erreicht Ihr sie dort, wo sie bereits sind. Neben den Schulen (mehr dazu weiter unten) können das Sportvereine, Jugendclubs und Bibliotheken sein, aber auch Nachbarschaftszentren oder andere soziale Einrichtungen wie Mehrgenerations- oder Mütterzentren. Der Vorteil: Dort tätige Menschen haben oft schon Zugang zur Zielgruppe und genießen Ihr Vertrauen. Es lohnt sich daher, mit diesen Institutionen Beziehungen aufzubauen, das eigene MINT-Angebot vor Ort zu bewerben oder an dort bereits vorhandene Programme anzuknüpfen.

Zum Weiterlesen:

Schule ist die einzige gesellschaftliche Institution, die in Deutschland dank der Schulpflicht alle Kinder und Jugendlichen erreicht. Kooperationen mit ihnen sind also besonders sinnvoll. Schulen und Lehrkräfte können eine Brücke zu den Kindern und Jugendlichen sein, die sonst nicht erreicht werden. Zudem haben Schulen als anerkannte Bildungsinstitutionen bereits einen Vertrauensvorschuss bei vielen Familien.

Hier ein paar Tipps für eine erfolgreiche Kooperation mit Schulen:

  • Knüpft an Lehrpläne an und konzipiert das eigene Angebot als Ergänzung zum schulischen Lehrprogramm.
  • Sprecht zunächst die Schulleitungen an und überzeugt sie vom gegenseitigen Nutzen der Kooperation.
  • Behandelt Lehrkräfte wertschätzend. Gebt ihnen die Möglichkeit zu partizipieren, macht aber klar, dass ihr sie entlastet und nicht für Mehrarbeit sorgt.
  • Passt Eure Projekt an die Gegebenheiten vor Ort an (Ausstattung, Uhrzeiten, Räume) und zeigt Euch flexibel.

Zum Weiterlesen:

Eine klare und transparente Darstellung des eigenen MINT-Bildungsangebotes ist essenziell. Was wird vermittelt und auf welche Art und Weise? Was ist das Ziel des Angebots? Und welcher Nutzen ergibt sich daraus für die Teilnehmenden? Diese Aspekte sollten klar kommuniziert werden, denn sie verdeutlichen nicht nur den Kindern und Jugendlichensondern auch den Eltern, weshalb das Angebot für sie relevant ist und es sich lohnt, hier Zeit und ggf. Geld zu investieren. Um sicherzustellen, dass die Informationen für alle verständlich sind, sollte eine möglichst einfache und klare Sprache verwendet werden. Auch Übersetzungen in bei Euren (gewünschten) Zielgruppen verbreitete Sprachen sind sinnvoll.

MINT-spezifische Sprache kann schnell elitär und ausgrenzend wirken, da sie als (zu) intellektuell empfunden werden kann. Für Menschen, die wenig Berührungspunkte mit MINT-spezifischer Sprache haben – beispielsweise aufgrund ihrer Migrationsbiografie, ihres Bildungshintergrunds oder anderer individueller Voraussetzungen –, erschwert es die Teilhabe an den Angeboten. Generell gilt daher: Anschauliche und konkrete Beschreibungen sind besser als abstrakte Begriffe und Fremdwörter oder Fachsprache. Auch Visualisierungen sind hilfreich. Sowohl bei Bildern als auch Sprache solltet Ihr auf eine diversitätssensible Auswahl achten, sodass sich möglichst viele Personengruppen angesprochen und repräsentiert fühlen. Als Kommunikationsweg eignet sich eine Mischung aus digitaler Ansprache (am besten über Kanäle, die in der Zielgruppe bereits bekannt sind und genutzt werden) und analogen Medien wie Plakaten oder Flyern. Bedenkt dabei jedoch, dass sich Eure Außendarstellung auch nicht zu sehr von Eurer Projektrealität unterscheiden sollte, um Enttäuschungen bei den Teilnehmenden zu vermeiden.

Zum Weiterlesen:

Ausgangspunkt sollte der Bedarf der Zielgruppe sein. Welche Themenbereiche und Kompetenzen sind von besonderem Interesse? Wo gibt es Lücken im bestehenden Förderangebot? Und welche Angebote haben einen besonders großen Nutzen für die Lebensrealität der Kinder und Jugendlichen? Je anschlussfähiger die Inhalte an die Alltagserfahrungen der Zielgruppe sind, desto eher werden sie angenommen und als relevant empfunden. Prüft außerdem die didaktischen Methoden Eures Lernangebots auf ungewollte Exklusivität und mögliche Triggerpunkte für Diskriminierung.

Zum Weiterlesen:

Viele Kinder und Jugendliche empfinden MINT-Themen als zu abstrakt. Der Zusammenhang zum eigenen Leben und zu gesellschaftlichen Themen ist für sie oft unklar. Doch sobald Ihr es schafft, einen Bezug zum Alltag der Teilnehmenden herzustellen, wird MINT-Wissen für sie greifbar und lebendig. Diese Kontextualisierung ist wichtig, um Kindern und Jugendlichen die Relevanz von MINT für alle Lebensbereiche zu veranschaulichen. Dabei kann und wird sich die Lebensrealität von Kindern natürlich je nach individueller und aktueller Lebenssituation unterscheiden. Es ist also wichtig, Inhalte, Experimente oder Referenzen für das eigene MINT-Angebot auszuwählen, mit denen die Teilnehmenden wirklich etwas anfangen und zu denen sie aus ihrem eigenen Erfahrungsschatz beitragen können.

Zum Weiterlesen:

Die Verbindung von MINT mit anderen Disziplinen wie Kunst oder mit gesellschaftlichen Themen wie Klimawandel und Nachhaltigkeit (MINT+) kann helfen, eine diversere Zielgruppe anzusprechen. Zusätzlich werden so neben MINT-spezifischen auch andere Fähigkeiten gefördert. Dazu gehören etwa Lesen, flüssiges Schreiben und Problemlösungsvermögen, aber auch soziale und emotionale Kompetenzen.

Kreative Ansätze und eine Kontextualisierung von MINT haben sich nachweislich als wirksam erwiesen, um mehr unterrepräsentierte Gruppen wie Mädchen oder Kinder und Jugendliche aus sozioökonomisch benachteiligten Familien für MINT-Themen zu begeistern. Der Grund: Der interdisziplinäre Ansatz hilft, mentale Barrieren und MINT-Stereotype abzubauen. Über den Bezug zu anderen Fach- und gesellschaftlichen Bereichen sind MINT-Themen für diese Kinder leichter zugänglich.

Zum Weiterlesen:

Von der bewussten Verwendung von Sprache und Bildern bis hin zur Repräsentation von Diversität im eigenen Team: Es gibt viele Möglichkeiten, dafür zu sorgen, dass sich diverse Personengruppen mitgemeint, respektiert und auf Augenhöhe angesprochen fühlen. Dafür ist es nötig, auch die Strukturen des eigenen MINT-Projekts kritisch zu reflektieren, sich Privilegien oder Biases im Team bewusst zu machen und Mitarbeitende entsprechend zu schulen. Nur ein reflektierter Umgang mit diesen Themen kann eine offene und wertschätzende Atmosphäre schaffen, in der sich alle Teilnehmenden sicher und sichtbar fühlen.

Zum Weiterlesen:

Um Kinder und Jugendliche aus sozioökonomisch benachteiligten Familien auch mittel- und langfristig in Euren MINT-Angeboten zu halten, braucht es eine kritische Reflektion – und ggf. eine Anpassung – der eigenen Organisationsstrukturen. Gibt es MINT-Lehrende, Mentor:innen oder Role Models, mit denen sich die Zielgruppe identifizieren kann? Braucht Ihr Mitarbeitende, die bestimmte Sprachen sprechen und bei der Übersetzung helfen können? Und gibt es ein Bewusstsein für diverse Diskriminierungsformen auf allen Ebenen der Organisation?

Zum Weiterlesen:

Ein grundlegender Aspekt: Der Lernort selbst sollte ohne großen finanziellen oder zeitlichen Aufwand zu erreichen sein. Multifunktionale Räumlichkeiten mit Bereichen für verschiedene Aktivitäten helfen dabei, ein individualisiertes und differenziertes Lernangebot zu schaffen, in dem sich Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Leistungsniveaus aufgehoben fühlen. Bei der Auswahl von Dekorationen wie Postern oder Bildern solltet Ihr solche wählen, die Vielfalt und Inklusion widerspiegeln und gängige Stereotype von MINT-Berufen aufbrechen. Wenn möglich, bezieht die Teilnehmenden in die Gestaltung der Räume mit ein. Das stärkt nicht nur das Gefühl von Teilhabe und Gemeinschaft, sondern auch ihr Selbsterleben als kompetente und mündige Person.

Zum Weiterlesen:

Die Arbeitsmaterialien hängen natürlich stark vom jeweiligen MINT-Angebot ab. Ihr könnt aber darauf achten, möglichst kostenfreie und für alle zugängliche Materialien zu nutzen. Idealerweise benötigen die Teilnehmenden keine eigenen Ressourcen oder Geräte. Arbeitsblätter, Bücher und andere Medien sollten an die Sprachkompetenzen der Kinder und Jugendlichen angepasst, ggf. auch mehrsprachig und leicht verständlich sein. Eine aktive Feedbackkultur hilft Euch, das eigene Angebot kontinuierlich zu prüfen und zu optimieren.

Zum Weiterlesen:

Ansprechpartnerin

Amira Bassim

MINT-Transfer