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Eltern als MINT-Partner:innen?

So holt Ihr sie an Bord!

08. August 2023 Lesedauer: ca. 6 min
Gender
Teilhabe
Unsplash/sofatutor

Für eine nachhaltige MINT-Förderung von Mädchen spielen die Eltern eine zentrale Rolle. Aktuelle Zahlen zeigen, dass sie nach wie vor eher ihre Söhne als ihre Töchter in technischen und IT-Berufen sehen – auch bei gleichen Schulleistungen.1 Wir geben Euch Tipps, wie Ihr Eltern in Eure MINT-Angebote einbezieht und für eine klischeefreie Kurs-, Studien- und Berufswahl sensibilisieren könnt.

Mädchen und Frauen in MINT sind nach wie vor unterrepräsentiert. Eine mögliche Ursache dafür sind individuelle Merkmale wie geringeres Interesse oder Vertrauen in die eigenen MINT-Fähigkeiten. Doch wie entstehen diese ungünstigen individuellen Voraussetzungen? Die Forschung diskutiert hier verschiedene Sozialisations- und Umwelteinflüsse, die Eltern, Lehrkräfte, die Gruppe der Gleichaltrigen und die Medien vermitteln.

Problematisch dabei sind vor allem Geschlechterstereotype. Denn die Vorstellung vom MINT-begabten Mann und von der MINT-unbegabten Frau erschwert es den Mädchen, sich mit diesem Bereich zu identifizieren und Vertrauen in ihre Fähigkeiten zu entwickeln. Und so beginnen sie, den MINT-Bereich zu meiden.

Warum ist es wichtig, möglichst viele Lebensbereiche miteinzubeziehen?

Wenn ein Mädchen einen MINT-Workshop besucht und sich danach mit ihrem Freundeskreis trifft, der MINT für Mädchen eher ablehnt, können sich die positiven Effekte des Workshops schnell in Luft auflösen. Im Idealfall sollte die Förderwirkung eines Workshops jedoch in der Umwelt bestehen können, in die das Mädchen nach dem Workshop zurückkehrt.2 Ein Lösungsansatz für die nachhaltige MINT-Förderung von Mädchen verfolgt daher das Ziel, möglichst viele Lebensbereiche miteinzubeziehen.

Unsere aktuelle deutschlandweite MINTvernetzt-Genderbefragung unter MINT-Bildungsangeboten hat gezeigt, dass es hier Verbesserungspotential gibt. Nur wenige Angebote berücksichtigen bislang Eltern oder auch weitere Lebensbereiche der Mädchen wie Freund:innen oder Klassenkamerad:innen.

Warum ist es besonders wichtig, die Eltern einzubeziehen?

Eltern spielen eine zentrale Rolle dabei, welche außerschulischen Bildungsangebote ihre Kinder besuchen, indem sie mit ihnen darüber sprechen, sie dazu motivieren und eventuell bei der Suche, Auswahl und Organisation unterstützen. Außerdem haben Eltern durch ihre eigenen Vorstellungen, Werte und Überzeugungen einen großen Einfluss auf das Interesse ihrer Kinder.3 Sie sind selbst Rollenvorbilder für ihre eigenen Berufe und bieten ihren Kindern auch weitere Rollenvorbilder in Form von Verbindungen und Kontakten aus ihren beruflichen und sozialen Netzwerken.4

Das kann dann problematisch sein, wenn die Informationen der Eltern über außerschulische MINT-Angebote, -Berufe und -Studiengänge nicht aktuell sind und sie die Interessen und Fähigkeiten ihrer Kinder durch die „Stereotypenbrille“ betrachten.5 Beispielsweise schätzen Eltern ihre Söhne in den Fächern Mathematik und Informatik kompetenter ein als ihre Töchter – auch dann, wenn ihre schulischen Leistungen in diesen Fächern gleich sind.1 Das führt dazu, dass Eltern ihre Töchter seltener dazu ermutigen, sich über den MINT-Bereich zu informieren, oder ihnen sogar vom Besuch außerschulischer MINT-Bildungsangebote abraten. Damit Mädchen sich für ihre individuellen Interessen und Stärken im MINT-Bereich entscheiden können, ist es deshalb besonders wichtig, die Eltern in die MINT-Förderung miteinzubeziehen.

Wie können wir Eltern einbeziehen?

Um die Eltern an Bord zu holen, könnt Ihr ihnen aktuelle Informationen über MINT zur Verfügung stellen und sie für eine klischeefreie Wahl von Kursen, Workshops und Bildungsangeboten sensibilisieren. In Euren Projekten könnt Ihr ihnen beispielsweise Handreichungen wie Broschüren oder Flyer zu diesem Thema zur Verfügung stellen. Eine weitere Möglichkeit ist, eine eigene Seite auf Eurer Website für Eltern anzubieten, beispielsweise mit Antworten auf häufig gestellte Fragen und mit weiterführenden Links zu Informationen (z.B. „Tipps für Eltern: Studien- und Berufswahl begleiten“ bei der Bundesagentur für Arbeit) und speziellen Angeboten für Eltern (z. B. „Digitale Elternabende“ von COACHING4FUTURE).

Ihr könnt auch einen Schritt weiter gehen und in regelmäßigen Abständen Elternabende, Informationsveranstaltungen oder auch Mitmachworkshops organisieren. Hilfreiche Materialien hierfür bietet die Initiative Klischeefrei an, beispielsweise die „Checkliste für Eltern: Wie klischeefrei bin ich?“ für den Einstieg ins Thema auf Elternabenden. Möglicherweise könnt Ihr zu diesen Treffen auch weibliche Auszubildende oder Studentinnen aus dem MINT-Bereich einladen, die davon erzählen, wie sie die Teilnahme an außerschulischen MINT-Angeboten auf ihrem MINT-Weg unterstützt hat. Das bedeutet natürlich einen hohen Aufwand und bindet Ressourcen. Wenn das im Rahmen Eurer Angebote und Projekte nicht möglich ist, könnt Ihr Euch gezielt mit Anbieter:innen vernetzen, die in ihren Konzepten die Eltern der Mädchen berücksichtigen (z. B. „Diversity-sensible MINT-Berufsorientierung für Schülerinnen“), und Eure Teilnehmer:innen darauf aufmerksam machen.

Wenn Ihr Euch zum Thema „Eltern & Co: MINT-Förderung für Mädchen in allen Lebensbereichen“ austauschen und vernetzen möchtet, bietet Euch das kommende MINTcafé Gender am 28. September 2023 die ideale Gelegenheit dazu! Hier auf unserer Community-Plattform könnt Ihr Euch bereits zum Café anmelden. Weitere Termine findet Ihr auf unserer Website oder in unserem Newsletter. Wir freuen uns auf Euch!

1 Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit (Hrsg.) (2023). Eltern und die berufliche Orientierung ihrer Kinder – Gatekeeper zwischen Berufswünschen und Geschlechterklischees.
https://www.girls-day.de/ueber-den-girls-day/statistiken-und-evaluation/elternbefragung-2022.

2 Ziegler, A., Reutlinger, M., & Hering, E. M. (2012). Soziotope als konstitutive Rahmenbedingungen der MINT-Förderung von Mädchen und Frauen. In: H. Stöger, A. Ziegler & M. Heilemann (Hrsg.), Mädchen und Frauen in MINT: Bedingungen von Geschlechtsunter-schieden und Interventionsmöglichkeiten (S. 229–247). Münster: LIT.

3 Guo, J., Marsh, H. W., Parker, P. D., Dicke, T., & Van Zanden, B. (2019). Countries, parental occupation, and girls’ interest in science. The Lancet, 393(10171), e6–e8.
https://doi.org/10.1016/S0140-6736(19)30210-7.

4 Wiese, B. S., & Freund, A. M. (2011). Parents as role models: Parental behavior affects adolescents’ plans for work involvement. International Journal of Behavioral Development, 35(3), 218–224.
https://doi.org/10.1177/0165025411398182.

5 OECD (2015). The ABC of Gender Equality in Education. OECD Publishing.
http://dx.doi.org/10.1787/9789264229945-en.

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