Mädchen, MINT und Teilhabe
Wie Ihr mit Euren Angeboten auch sozioökonomisch benachteiligte Mädchen erreichen könnt
Mädchen aus sozioökonomisch benachteiligten Familien sind nicht nur mit geschlechtsbezogenen Stereotypen konfrontiert, wenn es darum geht, an außerschulischen MINT-Bildungsangeboten teilzunehmen – sie stehen oft vor zusätzlichen Herausforderungen, die ihre Teilhabe an MINT-Bildung und gesellschaftlichen Prozessen erschweren. Als MINT-Bildungsanbieter:innen könnt Ihr eine wichtige Rolle dabei einnehmen, diese Barrieren abzubauen und neue Chancen zu schaffen.
Der sozioökonomische Hintergrund von Schüler:innen wird in der Regel über den Beruf, das Einkommen und das Bildungsniveau der Eltern definiert.1 Studien zeigen, dass er in direktem Zusammenhang damit steht, ob Kinder und Jugendliche sich vorstellen können, später ein MINT-Fach zu studieren oder in einem MINT-Beruf zu arbeiten.2, 3 Je niedriger der sozioökonomische Status ist, umso schwerer fällt es ihnen, sich selbst im MINT-Bereich zu sehen – was ihre Möglichkeiten stark einschränkt. Insbesondere Mädchen aus wirtschaftlich und damit auch oft sozial benachteiligten Familien haben Schwierigkeiten, eine Karriere in den Naturwissenschaften oder in einem MINT-Ausbildungsberuf als realistische Option für sich in Betracht zu ziehen.3 Um diese Barrieren zu überwinden und den Zugang zu außerschulischer MINT-Bildung auch für benachteiligte Mädchen zu erleichtern, sind gezielte Maßnahmen entscheidend. Im Folgenden erhaltet Ihr Hinweise und Tipps, wie Ihr erreichen könnt, dass Eure MINT-Bildungsangebote für alle Mädchen zugänglich und unterstützend sind.
Sozioökonomisch benachteiligte Mädchen erreichen
Damit die Mädchen von Euren Angeboten profitieren können, müssen sie im ersten Schritt davon erfahren, dass es diese Angebote gibt. Vernetzt Euch am besten mit Akteur:innen, die bereits einen direkten Zugang zu dieser Zielgruppe haben, und besucht Jugendzentren, Sportvereine, Bibliotheken und andere soziale Einrichtungen, um vor Ort auf Eure Angebote aufmerksam zu machen. Auch die Zusammenarbeit mit engagierten Lehrkräften und Schulleitungen lohnt sich, um das eigene MINT-Angebot mit ansprechenden Flyern und Informationsveranstaltungen gezielt zu bewerben und bekannt zu machen.
Sozioökonomisch benachteiligte Mädchen zielgruppengerecht ansprechen
Ein weiterer wichtiger Aspekt, um die Mädchen für Eure Angebote zu gewinnen, liegt in der zielgruppengerechten Ansprache. In diesem Beitrag findet Ihr bereits hilfreiche Tipps, wie Ihr als MINT-Bildungsanbieter:innen Mädchen durch eine motivierende und gendersensible Ansprache erreichen könnt. Um auch mit sozioökonomisch benachteiligten Mädchen in Kontakt zu kommen, ist es zusätzlich von Bedeutung, bei der Bewerbung Eurer Angebote auf eine einfache, leicht verständliche Sprache zu achten. Vermeidet abstrakte Begriffe und setzt stattdessen auf konkrete Beispiele und Beschreibungen. Schwierige Fachbegriffe aus dem MINT-Bereich sollten umschrieben und gut verständlich erklärt werden, um keine abschreckende Wirkung zu haben. Einige Mädchen und deren Eltern begegnen möglicherweise zum ersten Mal dem Begriff „MINT“ und sind sich deshalb unsicher, was diese Abkürzung alles umfasst. Eine kurze Erklärung kann hier hilfreich sein. Schafft eine einladende und unterstützende Atmosphäre, indem Ihr die Mädchen dazu ermutigt, ihre Fragen zu stellen und sich mit Euch auszutauschen.
Mentoring und Rollenmodelle anbieten
Mädchen aus sozioökonomisch benachteiligten Familien haben oft keinen Zugang zu weiblichen Vorbildern, die im MINT-Bereich arbeiten oder studieren.4 In außerschulischen MINT-Bildungsangeboten haben die Mädchen häufig erstmals die Möglichkeit, geeignete Rollenmodelle kennenzulernen. Ihr könnt diese Chance aktiv gestalten, indem Ihr weibliche MINT-Rollenmodelle in Eure Angebote einbindet. Erfolgsgeschichten von Frauen mit ähnlichen sozioökonomischen Hintergründen können dabei besonders inspirierend wirken. Ihr könnt entsprechende Rollenmodelle einladen oder Eure Lernumgebungen mit Postern gestalten, die die Geschichten von Rollenvorbildern mit diversen Hintergründen erzählen. Noch wirkungsvoller können Mentoring-Programme sein, die den Mädchen eine persönliche Mentorin aus dem MINT-Bereich zur Seite stellen. Mentorinnen können die Persönlichkeit und das Umfeld ihrer Mentees in den Blick nehmen und sich regelmäßig mit den Mädchen austauschen, um ihr Selbstbewusstsein zu stärken und ihnen ein nachhaltiges Vertrauen in ihre MINT-Fähigkeiten zu vermitteln.
Finanzielle Zugänglichkeit fördern
Finanzielle Hürden können sozioökonomisch benachteiligten Mädchen den Zugang zu MINT-Bildungsangeboten erschweren. Kosten für Kurse, Materialien und die Anfahrt können für Familien mit geringem Einkommen eine erhebliche Belastung darstellen. Das kann dazu führen, dass Eltern sich im Zweifel dagegen entscheiden, ihre Tochter an einer außerschulischen MINT-Aktivität teilnehmen zu lassen. Deshalb sollten MINT-Bildungsangebote eine kostenlose Teilnahme ermöglichen oder ein gestaffeltes Gebührenmodell einführen, um unterschiedlichen finanziellen Situationen gerecht zu werden. Zudem könnt Ihr nach Möglichkeit aktiv auf Stipendien oder andere Formen der finanziellen Unterstützung hinweisen und bei Bedarf auch bei der Antragsstellung Hilfestellung leisten.
Die Eltern an Bord holen
Eltern mit niedrigem Bildungsstand und/oder geringer Vertrautheit mit dem MINT-Bereich können ihre Töchter oft weniger effektiv unterstützen. Daher ist es wichtig, Elternarbeit zu leisten und sie für ihre entscheidende Rolle in der MINT-Bildung zu sensibilisieren. Als MINT-Bildungsanbieter:innen könnt Ihr zum Beispiel Elternabende oder Workshops organisieren, um die Eltern direkt anzusprechen, sie auch selbst Dinge ausprobieren zu lassen und ihnen nützliche Tipps und Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Dies ermöglicht es den Mädchen, von einer stärkeren elterlichen Unterstützung zu profitieren. Weitere Empfehlungen und Strategien zur erfolgreichen Einbindung der Eltern als MINT-Partner:innen findet Ihr in diesem Beitrag.
Wenn Ihr Euch zum Thema „Mädchen, MINT und Teilhabe“ austauschen und vernetzen möchtet, bietet Euch das nächste MINTcafé Gender am 25. Juli 2024, 12:30–14:00 Uhr, die ideale Gelegenheit dazu! Hier auf unserer Community-Plattform könnt Ihr Euch zum Café anmelden. Weitere Termine findet Ihr auf unserer Website oder in unserem Newsletter. Wir freuen uns auf Euch!
1 Ditton, H., & Maaz, K. (2022). Sozioökonomischer Status, Bildungserfolg und Bildungsteilhabe. In: Reinders, H., Bergs-Winkels, D., Prochnow, A., & Post, I. (Hrsg.), Empirische Bildungsforschung (S. 1083–1103). Springer: Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-27277-7_57.
2 Saw, G., Chang, C. N., & Chan, H. Y. (2018). Cross-sectional and longitudinal disparities in STEM career aspirations at the intersection of gender, race/ethnicity, and socioeconomic status. Educational Researcher, 47(8), S. 525–531. https://doi.org/10.3102/0013189X18787818.
3 Archer, L., DeWitt, J., & Wong, B. (2014). Spheres of influence: What shapes young people’s aspirations at age 12/13 and what are the implications for education policy? Journal of Education Policy, 29(1), S. 58–85. https://doi.org/10.1080/02680939.2013.790079.
4 Gladstone, J. R., & Cimpian, A. (2021). Which role models are effective for which students? A systematic review and four recommendations for maximizing the effectiveness of role models in STEM. International Journal of STEM Education, 8(1), S. 59. https://doi.org/10.1186/s40594-021-00315-x.
Weiterführende Links:
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